Ganztagsschulausbau: Hat Bremen einen Plan?

Kleine Anfrage der Fraktion der FDP.

Im Ganztagsschulausbau ist Hamburg einsamer Spitzenreiter. Schon 2017 besuchten über 90% der Schülerinnen und Schüler den Ganztagsunterricht. Mit dem steigen Ganztagsschulangebot wurden auch die Bildungsergebnisse des Stadtstaates besser. Der unmittelbar positive Einfluss auf die Teilhabechancen von Kinder- und Jugendlichen in einem ganztägigen Bildungs- und Betreuungsangebot wird hier offensichtlich. Neben der Förderung der Kinder aber leisten Ganztagsschulen innerhalb der Familien einen wesentlichen Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Trotz des Ausbaus der Betreuungsinfrastruktur wird bundesweit der Bedarf an Ganztagsangeboten für Kinder und Jugendliche nicht gedeckt. Während in manchen Bundesländern die Betreuungsquote bei über 80 Prozent liegt, bleibt sie in vielen Regionen deutlich darunter. Ein Ausbau des Ganztagsschulangebotes leistet also immer auch einen Beitrag zur Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse. Im Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode der Bundesregierung wird dieser Tatsache mit der Aussicht auf einen bundesweiten Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung Rechnung gezollt. Ab 2025 soll jedes Grundschulkind einen Rechtsanspruch auf ganztägige Betreuung haben. Das Bundeskabinett hat dafür im November 2019 in einem ersten Schritt die Einrichtung eines Sondervermögens in Höhe von zwei Milliarden Euro beschlossen. Es besteht kein Zweifel daran, dass Bund, Länder und Kommunen für die Umsetzung des Rechtsanspruchs eng kooperieren müssen. Erst kürzlich haben sich Kanzlerin und Länderchefs darüber ausgetauscht, wie sich der Bund an den Personalkosten beteiligen könnte. Dass diese Anstrengungen nötig sind, belegt eine Untersuchung des Deutschen Jugendinstitutes: Hiernach werden 2025 etwa 79% aller Grundschulkinder eine Ganztagsbetreuung in Anspruch nehmen. Im Vergleich zu 2018 sind das 1,1 Millionen Ganztagsschulplätze zusätzlich. 

Der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz war 2008 ein gesellschafts- und bildungspolitischer Meilenstein. Bremen kann 2021 diesen Rechtsanspruch noch immer nicht für alle Kinder umsetzen – noch 2020, 12 Jahre nach Einführung des Rechtsanspruchs, fehlten über 1000 Betreuungsplätze im Bereich der frühkindlichen Bildung. Für eine familienfreundliche und chancengerechte Politik ist das ein fatales Signal, dass sich im Bereich des Ganztagsschulausbaus nicht wiederholen darf.

Ausgelöst durch die kürzlich aufkommenden Diskussionen um den städtischen Bildungshaushalt und den Hilferuf der Senatorin für Kinder und Bildung an die bildungspolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Koalitionsfraktionen (Buten&Binnen vom 29. März 2021) stellt sich die Frage, welche Ziele im Ganztagsschulausbau Bremen noch verfolgen will und kann.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

  1. Wie viele Ganztagsschulplätze gibt es im aktuellen Schuljahr 2020/21 an den Grundschulen in der Stadtgemeinde Bremen (bitte aufschlüsseln, ob es sich um ein offenes oder gebundenes Ganztagsangebot handelt und für welche Klassenstufen)? 
  2. Wie hat sich das Angebot an Ganztagsschulplätzen in den letzten fünf Jahren entwickelt und welche Steigerungsrate konnte jährlich erzielt werden?
  3. Welche alternativen Formen der Nachmittagsbetreuung (Hort, Mittagstisch) stehen im aktuellen Schuljahr 2020/2021 noch zur Verfügung und welche dieser Angebote sollen in Zukunft (bitte Jahr angeben) durch ein Ganztagsschulangebot abgelöst werden und war in der Vergangenheit das Ganztagsschulangebot in jedem Fall vorhanden, wenn der Hort geschlossen wurde?
  4. Welche Ganztagsschulplatzquoten haben die einzelnen Stadtteile im aktuellen Schuljahr 2020/2021 und wie haben sie diese Quoten in den letzten fünf Jahren entwickelt?
  5. In welchem Umfang setzt die Ausbauplanung bis 2025 jeweils auf den offenen und gebundenen Ganztag an Grundschulen und weiterführenden Schulen?
  6. Ist der Betrieb von Horten auch nach 2025 geplant und wenn ja, warum und in welchem Umfang?
  7. Welche Ziele verfolgt der Senat in Bezug auf den Ganztagsschulausbau im Bereich der Grundschulen und der weiterführenden Schulen, d.h. wie vielen Schülern will der Senat 2025 einen Ganztagsschulplatz anbieten und wann wird dafür welche Schule in eine Ganztagsschule umgewandelt? 
  8. Wie hoch sind die für den Ganztagsschulausbau bis 2025 veranschlagten Kosten (bitte nach Bereichen aufschlüsseln) und welche Ausbauprioritäten setzt der Senat, wenn die Mittel nicht in vollem Umfang zur Verfügung stehen?
  9. Der Koalitionsvertrag der Regierungsparteien im Bund sieht für 2025 einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsgrundschulplatz für alle Schülerinnen und Schüler vor und damit verbunden ist die Frage, ob dieses Ziel von Bremern erreicht werden kann oder bis wann Bremen einen möglichen Rechtsanspruch umsetzen könnte?
  10. Mit welchen Planungen und Maßnahmen bereitet Bremen aktuell einen Ganztagsausbau im Schulbereich vor, welche Schulkonzepte für einen qualitativ hochwertigen Ganztagsschulbertieb werden vorbereitet, welche Personalabschätzungen liegen vor, wird bereits mit der Werbung und Qualifizierung der entsprechenden Personalmehrbedarfe für den pädagogischen Bereich begonnen, und gibt es schon konkrete Absprachen mit externen Kooperationspartnern (Sportvereinen, Musikschulen etc.), um das Angebot vielseitig abzusichern?
  11. Welche zusätzlichen Mittel stehen aktuell und zukünftig zur Verfügung, um personelle Mehrbedarfe auszugleichen und mögliche Kooperationen auch finanziell und materiell abzusichern?
  12. Im Oktober 2019 hat der Senat zum Zweck der Sicherung der Ausbauziele und zur Etablierung ressortübergreifender Arbeitsstrukturen eine Senatskommission „Schul- und Kitabau“ eingesetzt und vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie oft die Kommission getagt hat, welche neuen Formen der Steuerungs- und Umsetzungsprozesse etabliert werden konnten, ob sich die Arbeit etwa in der Beschleunigung von Bauvorhaben (bitte mit Zahlen hinterlegen) nachweisen lässt und wie der Senat selbst den Erfolg dieser Kommission bewertet?
  13. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, die Themen ausreichende und flexible Kinderbetreuung sowie Kita- und Ganztagsschulausbau zukünftig noch verstärkt voranzutreiben?
  14. Ist es geplant, die im September 2004 durch den Senat beauftragte Studie zum Lehrerarbeitszeitmodell an drei Bremer Ganztagsschulen durch das Institut für Schulentwicklungsforschung der Universität Dortmund zu wiederholen?
  15. Welche Bedingungen und Implementationsverläufe eines neuen Arbeitszeitmodells wurden auf Basis der Studie entwickelt, um die Schulen bei der Aufbauarbeit der Schulen zur Ganztagsschule zu begleiten?
  16. Welche konzeptuellen Vorgaben macht die Senatorin für Kinder und Bildung den einzelnen Schulen bei der Umsetzung eines Ganztagsangebotes und wo sind dieser geregelt?