Die Zukunft in die Schulen holen – Bedingungen für eine zeitgemäße Bildung schaffen!

Antrag der Fraktion der FDP.

Die Entwicklungs- und Wandlungsprozesse innerhalb einer Gesellschaft erfordern immer auch Wandlungsprozesse im Bildungssystem. Die gesellschaftlichen Megatrends der letzten Jahrzehnte sind die Globalisierung und die Digitalisierung. Beide großen gesellschaftlichen Wandelthemen haben den Schulbereich in Deutschland nur bedingt erreicht, obwohl die Auswirkungen im System Schule spürbar sind.

Wie weit wir von international längst etablierten Standards zur Digitalisierung im Bildungsbereich entfernt sind, haben die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie schmerzlich bewusst gemacht. In der Entwicklung digitaler Kompetenzen, die zunehmend auch eine digitale Souveränität im Sinne von Selbstbestimmung implizieren müssen, hat Deutschland erheblichen Nachholbedarf. Internationale Bildungsvergleichsstudien wie PISA zeigen, dass unsere Schülerinnen und Schüler mit Blick auf diese Kompetenzen nicht einmal mehr das Mittelfeld erreichen. Hier wird überdeutlich, dass Adaptionen oder Neuentwicklungen erziehungs- und bildungsspezifischer Medienangebote auf allen Ebenen im Bildungssystem, von der frühkindlichen Bildung bis in die Hochschulen hinein, fehlen. 

Um so wichtiger ist es, systematische Veränderungen einzuleiten und eine nachhaltige digitale Transformation des Bildungsbereiches mit Nachdruck zu verfolgen. Dafür muss die digitale Wirklichkeit auch Eingang in die Ausbildung zukünftiger Lehrerinnen und Lehrer finden, um Kompetenzen systematisch aufzubauen und gleichzeitig die Akzeptanz zu steigern. Die Potenziale digitaler Medien für die Schul- und Unterrichtsentwicklung sind längst nicht ausgeschöpft. Hier ist der Senat gefragt, verlässliche Gelingensbedingungen für den digitale Wandel an allen Schulen zu schaffen. Die Schere zwischen Schulen, die schon weit in der Digitalisierung fortgeschritten sind und jenen, die noch ganz am Anfang stehen, ist auch im Land Bremen weit. Alle Maßnahmen müssen deshalb das Ziel verfolgen, den Abstand nicht noch zu vergrößern. 

Dafür müssen einerseits endlich die notwendigen technischen Voraussetzungen entstehen, um das störungsfreie digitale Lernen zu ermöglichen. Hier hat Bremen zwar mit der flächendeckenden Verteilung von iPads und Dank einer stabilen Lernplattform eine erste Basis geschaffen, aber schon beim verlässlichen WLAN in allen Klassenräumen ist das Ende der Digitalisierung erreicht. Doch nicht nur die Ebene der technischen Voraussetzungen muss bedacht und mit einem straffen, finanziell abgesicherten Zeitplan zur Umsetzung hinterlegt werden. Der Bereich der Digitalisierung umfasst andererseits auch die Gegenstände und das Unterrichthalten als solches. Mehr als je zuvor müssen wir uns fragen, wie das digitale Element bis in die Curricula jedes Faches hinein präsent sein kann, um informatisches Denken und Arbeiten als Querschnittsaufgabe in jeden Fachunterricht aufnehmen zu können. Diese Arbeits- und Problemlösungsstrategie machen Schülerinnen und Schüler in Bremen anschlussfähig für die Ausbildungs- und Berufswelt der Zukunft. Digitale Medien erleichtern außerdem eine individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler im Sinne einer Binnendifferenzierung. Selbstorganisiertes Lernen, der permanente Zugang zu stets aktualisierten Arbeitsmaterialien und die damit verbundene Steigerung der Lernmotivation sind positive Effekte einer nachhaltigen und umfassenden Digitalisierungsstrategie. Hierfür ist die Entwicklung klarer Standards zum Einsatz von Learning Analytics eine Grundvoraussetzung, um mittels künstlicher Intelligenz die Individualisierung des Lernens zu optimieren. 

Der Wandel zur digitalen Schule berührt aber nicht nur die inhaltliche Arbeit, sondern auch den gesamten Bereich der Schulverwaltung: Die Koordination der in den Themenfeldern arbeitenden Lehrerinnen und Lehrer etwa oder den Austausch von Informationen und Materialien zwischen allen Exponenten des Systems Schule. Das digitale Klassenbuch muss ebenso wie digitale Zeugnisse, eine digital gestützte Aufgaben- und Prüfungskultur oder die digitale Krankmeldung in der Schule zum Standardrepertoire gehören und verpflichtend eingeführt werden. Die konsequente digitale Umsetzung aller administrativen Prozesse in der Schule kann die Lehrkräfte und Sekretariate erheblich entlasten und eröffnet Zeitkontingente zur Gestaltung des analogen Miteinanders. Für den technischen Support braucht jede Schule mindestens einen informationstechnischen Assistenten, der das digitale System Schule absichert und Ansprechpartner für technische Probleme ist.

Digitale Kompetenzen müssen auch deshalb gefördert werden, damit die Schülerinnen und Schüler mit Desinformationen, Hatespeech, Cybermobbing, Datenschutz und Online-Sucht autonom umgehen können. Dafür braucht es in multiprofessionellen Schulteams der Zukunft Spezialisten, die gleichberechtigt neben den Lehrerinnen und Lehrern den Schulalltag begleiten.

Die Bremische Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

Die Bremische Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf:

  1. Innerhalb eines Jahres eine stabile und sichere WLAN-Verbindung in allen Klassen- und Fachräumen zu schaffen, die in ausreichend hoher Bandbreite verlässlich verfügbar ist. Dabei muss das jeweilige Schul-WLAN so eingerichtet werden, dass nur autorisierte und authentifizierte Nutzer zugreifen können. Filter müssen dabei sicherstellen, dass illegale oder jugendgefährdete Inhalte gesperrt sind.
  2. Alle Schulen mit einer/m informationstechnischen Assistentin/en auszustatten, der die technische Struktur der Schule wartet und als Ansprechpartnerin/als Ansprechpartner bei technischen Problemen im laufenden Alltag jederzeit ansprechbar ist. 
  3. Die Zettelwirtschaft in Schulen zu beenden und alle schulorganisatorischen Abläufe konsequent zu digitalisieren. Das betrifft alle Formen der Kommunikation und Dokumentation von Abläufen, von An- und Auswahlverfahren, aber auch von Leistungsnachweisen und Zeugnissen.
  4. Klare Standards zum Einsatz von Learning Analytics in Schulen zu erarbeiten, die eine optimierte Individualisierung des Lernens unterstützen.
  5. Die Überarbeitung aller Fachcurricular so umzusetzen, dass einerseits eine inhaltliche Entschlackung erfolgt, andererseits aber auch Querschnittsthemen jenseits von Fachgrenzen identifiziert werden und die inhaltlichen Ziele auch mittels digitaler Lehr- und Lernmethoden wie Robotik, Computational Thinking, Serios Games erreicht werden.
  6. Zu prüfen, ob die Lehramtsausbildung den Anforderungen einer Lehre im 21. Jhd. gerecht wird und gegebenenfalls den Kompetenzerwerb anzupassen.
  7. Der Deputation für Kinder und Bildung innerhalb von 6 Monaten einen Bericht zu erstatten, in welcher Form und mit einem Zeitplan hinterlegt, die Beschlusspunkte umgesetzt werden können.