Zugang zu medizinischem Cannabis erleichtern!

Große Anfrage der Fraktion der FDP.

Für Patientinnen und Patienten, die eine schwere chronischen Erkrankung haben und unter Schmerzen und Appetitlosigkeit leiden, ist der Konsum von Cannabinoiden aus medizini- schen Gründen oft die einzige Möglichkeit, um ihre Schmerzen zu lindern und ihre Lebens- qualität zu erhöhen. Insbesondere bei schweren Erkrankungen wie etwa Krebs, Epilepsie, Multipler Sklerose und chronischen Schmerzzuständen zeigt die wissenschaftliche Erkennt- nislage, dass Linderungen der Symptome durch den Einsatz von Cannabis bzw. cannabishaltigen Medikamenten in der Therapie erreicht werden können. So wirken Cannabinoide u. a. brechreizhemmend, muskelentspannend und schmerzhemmend. Medikamente auf Cannabisbasis können in Deutschland jedoch lediglich stark eingeschränkt auf der Grundlage eines Betäubungsmittelrezepts verschrieben werden.

Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, im Einzelfall eine Ausnahmeerlaubnis zur Verwendung von Cannabisblüten aus der Apotheke beim Bundesamt für Arzneimittel zu beantragen. Die Kosten hierfür werden jedoch nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen. Dies gilt in den meisten Fällen auch für die Kosten cannabinoidhaltiger Medikamente. Erkrankte, die aufgrund ihrer schweren Krankheit häufig nicht erwerbsfähig sind, können diese Kosten dafür allerdings kaum selbst tragen. In vielen Fällen führt dies dazu, dass Patienten teure verschreibungspflichtige Medikamente auf Cannabisbasis durch Eigenanbau oder Beschaffung auf dem Schwarzmarkt substituieren.

Die gesetzliche Situation zum kostengünstigeren Cannabis-Eigenanbau zu medizinischen Zwecken ist in Deutschland weiterhin unklar und Gegenstand diverser laufender Verfahren. Gerichtliche Einzelfallentscheidungen haben allerdings Patienten, die schwer krank und ohne Behandlungsalternativen sind und sich den Bezug cannabinoidhaltiger Medikamente aus der Apotheke nicht leisten können, den Eigenanbau gestattet. Gerichtliche Einzelfallentscheidungen ändern an der Situation der anderen, auf Cannabis zur Krankheitslinderung angewie- senen, Patientinnen und Patienten jedoch nicht viel. Weiterhin bleibt die Situation bestehen, nach der sich viele Patientinnen und Patienten, die sich medizinisches Cannabis oder can- nabinoidhaltige Medikamente nicht leisten können, für den kostengünstigeren, jedoch meist illegalen, Eigenanbau oder die illegale Beschaffung von Cannabisprodukten auf dem Schwarzmarkt entscheiden.

Bei der medizinischen Anwendung von Cannabis zur Behandlung schwerstkranker Menschen gibt es somit dringenden Handlungsbedarf, wie auch das Bundesverwaltungsgericht ein- drücklich festgestellt hat. So könne in das Recht auf körperliche Unversehrtheit nicht nur eingegriffen werden, indem staatliche Organe eine Körperverletzung vornähmen oder durch

ihr Handeln Schmerzen zufügten. „Der Schutzbereich des Grundrechts ist vielmehr auch berührt, wenn der Staat Maßnahmen ergreift, die verhindern, dass eine Krankheit geheilt oder wenigstens gemildert werden kann und wenn dadurch körperliche Leiden ohne Not fortgesetzt und aufrechterhalten werden. Das gilt insbesondere durch die staatliche Unterbindung des Zugangs zu prinzipiell verfügbaren Therapiemethoden zur nicht unwesentlichen Minderung von Leiden“ (BVerwG 3 C 17.04).

Ähnliches hat die Bremische Bürgerschaft (Landtag) bereits am 18.12.2014 festgestellt (Drs. 18/1678) und den Senat aufgefordert, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die ge- setzliche Krankenversicherung (GKV) regelhaft die Kosten für Cannabis bzw. Cannabisprodukte zur medizinischen Behandlung übernimmt.

Daher fragen wir den Senat:
  1. Was hat der Senat unternommen, um sich dem Beschluss der Bremischen Bürgerschaft (Landtag) folgend, auf Bundesebene für eine regelhafte Übernahme der Kosten von medizinischem Cannabis bzw. medizinischen Cannabisprodukten durch die GKV einzusetzen?
  2. Welche weiteren Möglichkeiten sieht der Senat, um schwerstkranken Patienten den Zugang zu und die Finanzierung von medizinischem Cannabis bzw. Cannabisprodukten zu ermöglichen?
  3. Wie beurteilt der Senat das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 22.07.2014, nach dem der Eigenanbau von Cannabis aus therapeutischen Zwecken zu gestatten ist und welche weiteren Handlungsoptionen ergeben sich hieraus in Bezug auf das Ziel, schwerstkranken Menschen barrierefreien Zugang zu medizinischem Cannabis bzw. Cannabisprodukten zu ermöglichen?
  4. Wie viele Menschen im Land Bremen haben gemäß § 3 BtMG einen Antrag auf Erlaubnis zur therapeutischen Anwendung von medizinischen Cannabisblüten bei der Bundesopiumstelle des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte gestellt?
  5. Wie viele der oben genannten Anträge wurden positiv beschieden, wie viele wurden abgelehnt und wie viele Anträge wurden zurückgezogen bzw. sind durch welche Gründe nichtig geworden?
  6. Wie viele Patienten werden im Land Bremen mit cannabinoidhaltigen Präparaten (wie beispielsweise Dronabinol, Nabilon und Sativex) behandelt?
  7. Welche Informationen liegen dem Senat darüber vor, wie viele schwerstkranke Patienten sich im Land Bremen auf Grund zu hoher Kosten für medizinisches Cannabis bzw. Cannabisprodukte oder die Ablehnung eines Antrags auf Verwendung von medizinischen Cannabisblüten illegal mit Cannabisprodukten selbstversorgen?
  8. Wie viele schwerstranke Patienten wurden jeweils in den Jahren 2010 bis 2015 wegen Verstoßes gegen das BtMG (maßgeblich wegen des Besitzes, Handels oder Beschaffens von Cannabis bzw. Cannabisprodukten) strafrechtlich belangt?

Dr. Magnus Buhlert, Lencke Steiner und die Fraktion der FDP

Antrag auf der Seite der Bremischen Bürgerschaft