Personalvertretungsgesetz reformieren: Enquete-Kommission einsetzen
Antrag der Fraktion der FDP.
Das bremische Personalvertretungsgesetz räumt der Personalvertretung in der öffentlichen Verwaltung des Landes weitgehende Mitbestimmungsrechte ein. So hat der Personalrat nach § 52 Absatz 1 „für alle in der Dienststelle weisungsgebunden tätigen Personen in allen sozialen, personellen und organisatorischen Angelegenheiten gleichberechtigt“ mitzubestimmen. Im Falle von Uneinigkeit zwischen einer Dienststellenleitung und der Personalvertretung sind intensive Schlichtungs- und Einigungsverfahren vorgesehen. Lediglich bei personellen Angelegenheiten der Beamten und in organisatorischen Angelegenheiten können Dienststellenleitungen bzw. der Vorstand der Bürgerschaft, der Senat, der Magistrat der Stadtgemeinde Bremerhaven und die obersten Organe einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ein Letztentscheidungsrecht für sich beanspruchen. Dies gewährleistet eine weitreichende Beteiligung der Mitarbeiter, aus der sich sowohl Chancen als auch Risiken ergeben. So ermöglicht die tiefgreifende Mitbestimmung durchaus Entscheidungsmechanismen, die dem Anspruch vieler Arbeitnehmer an ein modernes Arbeitsumfeld mit flachen Hierarchien und weitgehende Beteiligungsmöglichkeiten gerecht wird. Andererseits ergeben sich gerade aus diesen Mitbestimmungsrechten auch Pflichten. So muss sichergestellt sein, dass Dienststellenleitungen durch die Mitbestimmungsrechte nicht übermäßig in ihrer Entscheidungsfreiheit, insbesondere in Bezug auf organisatorische Angelegenheiten, eingeschränkt werden. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum schleswig-holsteinischen Personalvertretungsrecht aus dem Jahre 1995 zu prüfen. In diesem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht bis heute bundesweit gültige Regeln zur Mitbestimmung definiert, denen das bremische Personalvertretungsgesetz möglicherweise nicht genügt. Dies gilt vor allem für die vom Bundesverfassungsgericht genannten Legitimationsstufen, nach denen sich das Ausmaß der Mitbestimmung richten muss.
Ob und inwiefern diese Chancen und Risiken des bremischen Personalvertretungsgesetzes tragen, lässt sich bisher für die Öffentlichkeit und insbesondere für die Bremische Bürgerschaft kaum überprüfen. Gerade der Bremischen Bürgerschaft als Volksvertretung und Haushaltsgesetzgeber muss jedoch daran gelegen sein, tiefgehende Einblicke in die Arbeitsweise der öffentlichen Verwaltung zu erhalten, um etwaige Blockaden abbauen und Hindernisse aus dem Weg räumen zu können. Um die Bremische Bürgerschaft (Landtag) als Gesetzgeber in die Lage zu versetzen, sich ein umfassenden Bild über die Personalvertretung im öffentlichen Dienst im Land Bremen machen zu können, bedarf es einer validen und faktenbasierten Grundlage. Hierfür sieht die Geschäftsordnung der Bremischen Bürgerschaft explizit die Einsetzung einer Enquete-Kommission „zur Vorbereitung von Entscheidungen über umfangreiche und bedeutsame Sachkomplexe“ vor.
Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:
- Die Bürgerschaft (Landtag) beschließt nach § 68 a der Geschäftsordnung der Bremischen Bürgerschaft die Einsetzung einer Enquete-Kommission „Reformierung des bremischen Personalvertretungsgesetzes“
- Auftrag der Enquete-Kommission ist die Bearbeitung von Fragestellungen und die Erarbeitung von konkreten Vorschlägen zu folgenden Themenbereichen:
- Evaluation des bremischen Personalvertretungsgesetzes im Hinblick auf die Mitbestimmungsrechte der Personalvertretung bei allen sozialen, personellen und organisatorischen Angelegenheiten in den Verwaltungen des Landes Bremen und der Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven und den sonstigen nicht bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts im Lande Bremen sowie den Gerichten des Landes Bremen, insbesondere mit Fokus auf
- die Durchführbarkeit organisatorischer Änderungen von und in sämtlichen Dienststellen zur Effizienzsteigerung im allgemeinen sowie im Rahmen des Konsolidierungskurses,
- den durch die weitgehenden Mitbestimmungsrechte sowie die im Personalvertretungsgesetz vorgesehene Schlichtungs- und Einigungsstelle entstehenden direkten Kosten und
- den durch die weitgehenden Mitbestimmungsrechte der Personalvertretung bei allen sozialen, personellen und organisatorischen Angelegenheiten unterbliebenen Reformmaßnahmen entstandenen indirekten Kosten;
- Erarbeitung eines zukunftsfähigen Gesamtkonzepts zur verfassungs- und grundgesetzkonformen Reformierung des bremischen Personalvertretungsgesetzes, dass organisatorische Änderungen im Rahmen der Digitalisierung und Effizienzsteigerung von und in Dienststellen deutlich vereinfacht und gleichzeitig die Rechte der Personalvertretung wahrt.
- Die Enquete-Kommission ist dabei folgenden Zielsetzungen verpflichtet:
- Erarbeitung eines verfassungs- und grundgesetzkonformen Personalvertretungsgesetzes, das es den Dienststellenleitungen der Verwaltung im Land Bremen ermöglicht, mittel- und langfristige Effizienzsteigerung der Verwaltung im Land Bremen durch organisatorische Änderungen zu erreichen;
- Ein Personalvertretungsgesetz zu erarbeiten, das den Anforderungen der modernen Arbeitswelt, insbesondere im Hinblick auf die Digitalisierung der Verwaltung, gerecht wird;
- Ein Personalvertretungsgesetz vorzuschlagen, dass einen ausgewogenen Kompromiss zwischen den Mitbestimmungsrechten der Personalvertretung und den notwendigen Durchgriffsrechten von Dienststellenleitungen bei allen sozialen, personellen und organisatorischen Angelegenheiten darstellt.
- Die Enquete-Kommission wird gebeten, der Bürgerschaft (Landtag) bis zum 31. Dezember 2017 einen schriftlichen Zwischenbericht, der über den Fortgang der Beratungen informiert, und bis zum 30. Juni 2018 einen schriftlichen Abschlussbericht zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen. Die Frist für den Abschlussbericht kann, falls es die Beratung und Abarbeitung der Arbeitsaufträge durch die Enquete-Kommission erfordert, verlängert werden, jedoch höchstens um drei Monate bis zum 30. September 2018.
- Die Enquete-Kommission besteht aus 22 Mitgliedern: elf Abgeordneten (SPD vier, CDU drei, Bündnis 90/Die Grünen zwei, DIE LINKE ein, FDP ein) und elf Sachverständigen, die von den Fraktionen benannt werden (SPD vier, CDU drei, Bündnis 90/Die Grünen zwei, DIE LINKE ein, FDP ein). Den Vorsitz der Enquete-Kommission stellt die stärkste Regierungsfraktion, den stellvertretenden Vorsitz die stärkste Oppositionsfraktion. Bremerhaven ist bei der Besetzung angemessen zu berücksichtigen. Die Enquete-Kommission gibt sich eine Verfahrensordnung. Die Sitzungen der Enquete-Kommission sind grundsätzlich öffentlich.
- Der Enquete-Kommission wird eine Assistenz im Haus der Bürgerschaft zur Verfügung gestellt, die im Einvernehmen mit den Fraktionen besetzt wird.
Lencke Steiner und die Fraktion der FDP