Kurze Zündschnur: Wie stark ist medizinisches Personal in Bremen von Aggression und Gewalt betroffen?
Große Anfrage der Fraktion der FDP Bremen.
„Ich werde dich totmachen“, so lautete die Überschrift des Weser Kurier vom 01. August 2024. Die Drohung stammt aus einer nicht repräsentativen Umfrage der Kassenärztlichen Vereinigung zum Thema Gewalt in Praxen, in der Mitglieder ihre persönlichen Erfahrungen im Umgang mit Patienten schildern.
Doch nicht nur in Arztpraxen, sondern auch in Krankhäusern sind die Beschäftigten deutlich stärker und häufiger von aggressiven Übergriffen und Gewalt betroffen. Das ergab eine im April 2024 vorgelegte repräsentative Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft.
Es sind nicht nur gewalttätige Übergriffe, sondern auch verbale Attacken, die bei den Beschäftigten im Gesundheitswesen Spuren hinterlassen und schwere Folgen, wie psychische Belastungen der Betroffenen oder sogar Kündigungen, zur Folge haben können. Erschwerend kommt hinzu, dass Verbände von einer erheblichen Dunkelziffer bei den Übergriffen ausgehen, da insbesondere kleinere Vorfälle für viele Beschäftigte im Gesundheitswesen zur Normalität gehören und hingenommen werden.
Vor diesem Hintergrund ist es geboten, die Datenlage und damit einhergehend auch die Relevanz des Themas Aggression und Gewalt gegenüber Beschäftigten im Bremer Gesundheitswesen zu verbessern und insgesamt stärker in den Fokus zu nehmen.
Wir fragen den Senat:
- Welche Kenntnis hat der Senat, wie sich in den vergangenen fünf Jahren aggressives Verhalten und Übergriffe gegenüber Personal
a. in Arztpraxen,
b. in Krankenhäusern sowie
c. im Rettungsdienst im Land Bremen entwickelt haben?
(Angabe bitte jeweils jährlich.)
d. In wie vielen Fällen zu a.-c. wurden nach Kenntnis des Senats Ermittlungsverfahren eingeleitet? - Welche Formen der Aggression erleben die Beschäftigten im Gesundheitswesen nach Kenntnis des Senats?
- Welche Erkenntnisse liegen vor, ob weibliche und männliche Beschäftigte im Land Bremen dabei gleichermaßen von Übergriffen und Gewalterfahrungen betroffen sind?
- Wie hoch schätzt der Senat die Dunkelziffer von Übergriffen und Gewaltvorfällen ein?
- In welchen Umfang kommt es nach Kenntnis des Senats infolge der Vorfälle und Übergriffe zu Personalausfällen oder sogar zu Kündigungen der Betroffenen?
- Was ist nach Einschätzung des Senats ursächlich für die steigende Zahl der Vorfälle und Übergriffe auf Beschäftigte im Gesundheitswesen?
- Wie bewertet der Senat den Umstand, dass Beschäftigte in Krankenhäusern und Arztpraxen auch im Land Bremen teilweise große Sprachbarrieren zu überwinden haben, die die Kommunikation mit den Patienten erheblich erschweren?
a. Wie hat sich im Land Bremen die Zahl der Patienten ohne Deutschkenntnisse nach Kenntnis des Senats in den vergangenen fünf Jahren entwickelt? (Bitte getrennt für Bremen und Bremerhaven angeben.)
b. Wie hat sich der Einsatz von Dolmetschern und Sprachmittlern im Bremer Gesundheitswesen in den vergangenen fünf Jahren entwickelt? (Bitte getrennt für Bremen und Bremerhaven angeben.)
c. Welche Sprechstunden für Patienten ohne Deutschkenntnisse gibt es im Land Bremen und inwiefern kann ein solches Angebot aus Sicht des Senats zur Entlastung von Arztpraxen beitragen?
d. Wann wird die im Dezember 2023 auf den Weg gebrachte Dolmetscher-Flatrate starten und inwiefern wird das Angebot auch Kliniken und Arztpraxen zur Verfügung stehen bzw. welche Einrichtungen des Gesundheitswesens sollen darauf zugreifen können?
e. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, Klinken und Arztpraxen bei der Behandlung von Patienten ohne Deutschkenntnisse zu unterstützen? - Wie beurteilt der Senat die von Patienten geäußerte Kritik an der Erreichbarkeit von Arztpraxen?
- Wie haben sich für das Land Bremen die Inanspruchnahme und Terminvergabe über die die Rufnummer 116 117 der Kassenärztlichen Vereinigung in den vergangenen 12 Monaten entwickelt?
a. Welche Kenntnis hat der Senat von der Zufriedenheit der Patienten mit dem Terminservice über die Rufnummer 116 117?
b. Zu welcher Entlastung trägt der Terminservice der Kassenärztlichen Vereinigung in den Arztpraxen nach Einschätzung des Senats bei?
c. Welche Potentiale werden gesehen, die Inanspruchnahme der Rufnummer 116 117 zu erhöhen? - Welche Kenntnis hat der Senat, wie sich das Sicherheitsgefühl der Beschäftigten im Gesundheitswesen im Land Bremen entwickelt hat?
- Welche Maßnahmen wurden in den Kliniken im Land Bremen in den vergangenen fünf Jahren vorgenommen, um Übergriffen vorzubeugen?
- Welche Maßnahmen zur Gewaltprävention und zur Schulung der Beschäftigten wurden auf den Weg gebracht bzw. sind geplant?
- Welche Maßnahmen bestehen bzw. sind geplant, um Opfern von Gewalt im Bremer Gesundheitswesen in psychischer Hinsicht zu helfen und niedrigschwellig Unterstützung zu bieten?
- Inwieweit werden im Land Bremen aggressive Vorfälle und gewalttätige Übergriffe auf Personal
a. in Krankenhäusern,
b. in Arztpraxen und
c. im Rettungsdienst systematisch erfasst? - Wie bewertet der Senat die Datenlage zum Thema Gewalt und Aggression gegen Beschäftigte im Bremer Gesundheitswesen?
- Wie bewertet der Senat die jüngst von der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen veröffentlichten Umfrageergebnisse zu Gewalterfahrungen in Arztpraxen?
- Inwiefern erachtet der Senat eine konsequente Meldung und statistische Erfassung von Übergriffen für notwendig?
- Wie bewertet der Senat die Einrichtung einer zentralen Meldestelle, um Gewalterfahrungen systematisch zu erfassen, und wie könnte diese auch Sicht des Sentas ausgestaltet werden?
- Welchen weiteren Handlungsbedarf sieht der Senat, um Gewalt gegenüber medizinischem Personal wirksam zu begegnen, und welchen Maßnahmen sollten konkret auf den Weg gebracht werden?
- Welcher Austausch besteht in diesem Zusammenhang mit der Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bremen sowie der Ärztekammer und Zahnärztekammer Bremen?
a. Inwiefern werden gemeinsame systematische Untersuchungen und Bestandsaufnahmen zum Thema Aggression und Gewalt gegen Beschäftigte im Gesundheitswesen im Land Bremen für sinnvoll erachtet?
b. Inwieweit gibt es gemeinsame Überlegungen und Maßnahmen, wie mit aggressiven Verhaltensweisen umgegangen werden kann?