Keine Privatisierung der Meinungsfreiheit – NetzDG stoppen!
Dringlichkeitsantrag der Fraktion der FDP.
Facebook und Twitter, Foren von Onlinemedien und Chats von Multiplayer-Spielen, sind Orte der Information, des Austausches, aber auch für rechtswidrige und verachtungswürdige Beleidigungen und Drohungen gegenüber Mitmenschen, ob dies nun Personen des öffentlichen Lebens, Mitdiskutanten in Foren oder Politiker sind. Zugleich sind sie kein rechtsfreier Raum.
Besonders häufig werden vor allem Frauen zur Zielscheibe von undifferenzierten Kommentaren und beleidigenden Äußerungen. In einer zunehmend digitalen Welt ist die Stärkung der Persönlichkeitsrechte der Bürger in heutigen Zeiten notwendiger denn je.
Dieses Ziel verfehlt der sich derzeit in der Beratung im Bundestag befindliche Entwurf des Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz – NetzDG). Die Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken hinsichtlich der Verbreitung rechtswidriger Inhalte zu verbessern ist dringend notwendig. Jedoch bezweifelt selbst die Ausschussempfehlung des Bundesrates (Drucksache 315/1/17) die Rechtssicherheit, die wirksame Erreichbarkeit dieses Zieles und die Zweckmäßigkeit des geplanten Gesetzes in der derzeitigen Fassung. Zudem obliegt die Aufsicht darüber, dass Anbieter sozialer Netzwerke die verfassungsgemäße Ordnung beachten, den Landesbehörden und nicht dem Bund. Somit hat der Bund hier keine Gesetzgebungskompetenz.
Eine Privatisierung der Rechtsdurchsetzung, wie sie der derzeitige Entwurf des NetzDG-E vorsieht, verstößt gegen das Rechtsstaatsprinzip. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit von Hasskommentaren und Falschnachrichten ist eine originär staatliche Aufgabe und kann nicht auf private Anbieter abgewälzt werden.
Die Bremische Bürgerschaft möge beschließen:
Die Bremische Bürgerschaft (Landtag) stellt fest,
- dass das sich derzeit in der Beratung im Bundestag befindliche Netzwerkdurchsetzungsgesetz die Meinungsäußerungs-, Informations-, Rundfunk- und Pressefreiheit verletzt, indem es die Betreiber der größten sozialen Netzwerke zu privaten Schiedsinstanzen mit weitreichenden Entscheidungsbefugnissen macht.
- dass durch das sich derzeit in der Beratung im Bundestag befindliche Netzwerkdurchsetzungsgesetz die Gefahr des übermäßigen Löschens von beanstandeten Inhalten (Overblocking) befördert wird. Dies wird durch kurze Löschfristen, hohe Bußgelder und Löschpflicht für Kopien außerhalb des ursprünglichen Kontextes noch verstärkt.
- dass bereits heute ein Verdrängungseffekt einsetzt und von Facebook beanstandete Äußerungen auf anderen Plattformen mit weniger sozialer und rechtlicher Kontrolle wieder auftauchen. Ein ähnlicher Effekt ist ebenfalls als Folge des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes zu befürchten.
- dass in einer aufgeklärten Demokratie Presse, gemeinnützige Organisationen, Parteien und auch die Bürger das beste Korrektiv gegenüber Falschmeldungen und Hasskommentare sein können. Sie können deutlich effizienter, z.B. in rechtsstaatlichen Verfahren, in Form von Gegenrede und Überprüfung von Falschmeldungen, gegen derartige Inhalte vorgehen.
- dass nationale Alleingänge der falsche Ansatz sind, Persönlichkeitsrechte im Internet zu schützen.
Die Bremische Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf,
- Polizei und Justiz in Bremen so auszustatten, dass sie schnell, wirksam und mit Hilfe rechtsstaatlicher Verfahren auf Strafrechtsverstöße reagieren können.
- sich in diesem Zusammenhang dafür einzusetzen, dass die Feststellung, ob Meinungsäußerung strafbar ist oder nicht, in der Zuständigkeit der Justiz bleibt.
- sollte das Netzwerkdurchsetzungsgesetz trotz fehlender Bundeskompetenz beschlossen werden, beim Bundesverfassungsgericht dagegen vorzugehen.
Dr. Magnus Buhlert, Peter Zenner, Lencke Steiner und die Fraktion der FDP