Grundrechte sind nicht verhandelbar – Meinungsfreiheit schützen

Dringlichkeitsantrag der Fraktion der FDP Bremen.

Die Meinungsfreiheit ist der Wesenskern einer lebendigen Demokratie. Das Bundesverfassungsgericht bezeichnet die Meinungsfreiheit in ständiger Rechtsprechung als „eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt“, das „für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung schlechthin konstituierend“ sei, da es erst die „geistige Auseinandersetzung“, den „Kampf der Meinungen“ ermögliche (BVerfG 7, 198 (208)). Meinungen genießen demnach in unserer Verfassung einen umfassenden Schutz. Es kommt dabei gerade nicht darauf an, wie wertvoll ein Meinungsbeitrag ist. Meinungen dürfen emotional oder rational, gefährlich oder harmlos sein. Auch radikale Ideologien fallen nicht von vornherein aus dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit heraus. Die Grenze der Meinungsfreiheit liegt allerdings dort, wo erweislich falsche Tatsachen behauptet werden oder Schmähkritik geübt wird, etwa in Form von Formalbeleidigungen.

Nachdem es noch im Jahre 2016 sogar für das Schmähgedicht von Jan Böhmermann gegenüber dem türkischen Präsidenten Erdogan eine große öffentliche Unterstützung für die Meinungsfreiheit gab, ist zu beobachten, dass die Grenzen des Sagbaren in den letzten Jahren zunehmend eingeengt wurden und die Meinungsfreiheit in Deutschland mittlerweile strukturell gefährdet ist: Sei es durch die Schaffung rechtsstaatlich bedenklicher Doppelstrukturen wie Meldestellen, überbordende Regulierungen sozialer Netzwerke, spezielle Straftatbestände für Beleidigungen von Politikern oder ein kompromissloses Anzeigeverhalten von Spitzenpolitikern.

Die Bürgerschaft (Landtag) stellt fest:

Politiker haben eine Vorbildfunktion für die Demokratie und die Meinungsfreiheit. Das gilt insbesondere für Spitzenpolitiker. In diesem Sinne ist es für Politiker daher grundsätzlich angezeigt, zurückhaltend mit Strafanträgen im Hinblick auf Äußerungsdelikte umzugehen.

Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf:

  1. Auf Landesebene
    a. alle Meldestellen und Beauftragte für vermeintlich rechtswidrige Diskriminierungen abzuschaffen.
    b. die Einrichtung weiterer solcher Stellen wie z.B. der Landesantidiskriminerungsbeauftragten zu stoppen.
    c. die hierdurch frei werdenden Haushaltsmittel stattdessen in eine personelle Aufstockung der Staatsanwaltschaft und der Strafgerichte zu investieren, um den Rechtsstaat bei der Bewältigung der wachsenden Zahl an Verfahren im Bereich der Äußerungsdelikte zu stärken.
  2. Auf Bundesebene
    a. eine Bundesratsinitiative zur Abschaffung des Tatbestands der Politikerbeleidigung (§ 188 StGB) zu initiieren.
    b. eine Änderung des Digitale-Dienste-Gesetzes dahingehend anzustreben, dass Betreibern von sozialen Netzwerken verboten wird, Inhalte unterhalb der Strafbarkeitsschwelle zu löschen. In diesem Zusammenhang gilt es auch darauf hinzuwirken, dass die Regelungssystematik der Regulierungsmechanismen von sozialen Netzwerken dahingehend geändert wird, dass bei der Löschung vermeintlich rechtswidriger Inhalte in Zukunft derjenige, der einen Inhalt löschen lassen will, derjenige ist, der den Rechtsweg beschreiten muss – wie in der analogen Welt auch.