Zugang zum digitalen Nachlass – was tut der Senat?

Große Anfrage der FDP-Fraktion.

Jeder sollte seine Hinterlassenschaften für den Fall des eigenen Todes geordnet haben. Das gilt in Zeiten zunehmender Digitalisierung aller Lebensbereiche auch für den digitalen Nachlass. Nur wenige Nutzer haben Zugangsdaten zu allen Online-Diensten und Online-Konten für Hinterbliebene hinterlegt.

Trotz der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs im „Facebook-Urteil“ vom 12. Juli 2018 (Az. III ZR 183/17) zur Vererbbarkeit von Verträgen über ein Benutzerkonto in sozialen Netzwerken bleiben offene Fragen, die europarechtlich, auf Bundesebene und untergesetzlich zu beantworten sind.

Die Bundesregierung verweist bereits jetzt in ihrem Internetauftritt darauf, dass alle laufenden Verträge im Todesfall auf die Erben übergehen. Deshalb empfiehlt sie, möglichst schnell alle laufenden Verträge, Abonnements und kostenpflichtigen Mitgliedschaften zu kündigen. In der Praxis ergeben sich daraus jedoch Regelungsprobleme und Schwierigkeiten für Erblasser und Erben. Viele Nutzer haben eine Vielzahl von Konten. Die Spuren die sie digital hinterlassen werden im größer. Damit wird die Lage zusehends unübersichtlicher für die Hinterbliebenen. Technische Lösungen der Anbieter für Nutzer, ihr Erbe frühzeitig zu regeln gibt es nur bedingt. Die Hindernisse das Erbe anzutreten und zu verwalten sind groß.
Für Erben ist es in der Praxis nicht nur problematisch, an Passwörter zu kommen. Sie wissen oft nicht einmal, bei welchen Online-Diensten die verstorbene Person überhaupt registriert war. Damit gehen erhebliche Schwierigkeiten einher. Zum einen können Erben innerhalb der sechswöchigen Ausschlagungsfrist kaum entscheiden, ob sie das Erbe annehmen oder nicht, da ihnen schlicht die notwendigen Informationen fehlen. Zum anderen wird es Erben durch die Betreiber der Online-Dienste, die häufig im Ausland sitzen, oft unmöglich gemacht, die Rechte und Pflichten, in die sie mit der Erbschaft eingetreten sind, geltend zu machen. Aktuell fehlen rechtsverbindliche Regelungen, die den Erben die notwendigen Auskunfts- und Zugriffsrechte für Online-Accounts einräumen, egal wo der Anbieter des Online-Dienstes ansässig ist. Zurzeit können Internet-Unternehmen nach eigenem Ermessen entscheiden, inwieweit sie Erben eine solche Auskunft erteilen und ob sie darüber hinaus entsprechende Zugriffsrechte einräumen.

Auf Bundesebene hat die amtierende Regierung Handlungsbedarfe erkannt. In ihrem Koalitionsvertrag haben CDU/CSU und SPD erklärt sich der Problematik anzunehmen und die Vererbbarkeit des Eigentums rechtssicher zu gestalten.
Das alles zeigt, es wird zunehmend politisch relevant, sich dem digitalen anzunehmen.

Wir fragen den Senat:

1)    Sieht der Senat bezüglich des digitalen Nachlasses Handlungsbedarf?
a)    Wenn, ja inwiefern und seit wann hat sich der Senat mit dem digitalen Nachlass beschäftigt?
b)    Wenn nein, warum nicht?

2)    Welche Gesetzeslücken sieht der Senat im Bereich des digitalen Nachlasses und wie können diese Lücken durch wen geschlossen werden?

3)    Inwiefern unterstützt und/oder plant der Senat bereits konkrete Regelungsvorschläge zum digitalen Nachlass?

4)    Inwiefern hält der Senat Maßnahmen für notwendig, um die Zusammenarbeit zwischen privaten Anbietern und staatlichen Institutionen bei Fragen des digitalen Nachlasses zu verbessern?

5)    Inwiefern hat sich nach Ansicht des Senats die Schutzbedürftigkeit von privater, digitaler Korrespondenz durch die fortschreitende Verflechtung von Alltag und sozialen Netzwerken erhöht?

6)    Inwiefern unterstützt der Senat die Schaffung von Regelungen, welche den Erben umfassende Auskunfts- und Zugriffsrechte gegenüber Unternehmen, die Onlinedienste anbieten, einräumt?

7)    Inwiefern sind dem Senat Planungen bekannt, wonach auf Bundesebene ein verbindliches, digitales Nachweisinstrument für den Erbfall geschaffen werden soll, zum Beispiel ein digitaler Erbschein und welche Ausgestaltungsformen sind dafür vorgesehen und welche Ansicht vertritt der Senat zu diesem Thema?

8)    Inwiefern gibt es zu dem Thema digitaler Nachlass einen länderübergreifenden Austausch und welche Ergebnisse, Überprüfungen, Schritte zu gesetzlichen Regelungen wurden darin beschlossen?