Missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung zur Erschleichung von Aufenthaltstiteln und Sozialleistungen – Wie ist die Situation in Bremen?

Kleine Anfrage der Fraktion der FDP.

Nach Medienberichten sollen Schlepperorganisationen alleinerziehende Mütter – vornehmlich aus Nigeria und Ghana – ausnutzen, in dem sie dafür sorgen, dass Deutsche oder Ausländer, welche in Deutschland, eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis haben, fälschlicherweise die Vaterschaft für das Kind anerkennen. Bei diesen Männern handele es sich vornehmlich um Personen, die selbst von staatlichen Leistungen leben, so dass sie selbst weder für die Mutter noch für das Kind Sorge tragen können. In der Folge wird nicht nur ein Aufenthaltstitel erteilt, sondern es entstehen zudem Ansprüche auf staatliche Sozialleistungen. Es soll bereits ein Schaden in Millionenhöhe entstanden sein.

Gemäß § 1592 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist derjenige Vater eines Kindes, der entweder zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, der die Vaterschaft anerkennt oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist. Grundsätzlich knüpft das deutsche Familenrecht eine Vaterschaft somit nicht an die biologische Abstammung.

Der Gesetzgeber hat die missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft zum Zwecke der Schaffung der rechtlichen Voraussetzung für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes oder der Mutter, sowie zur Schaffung der Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes durch Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit, ausdrücklich in § 1597a Bürgerliches Gesetzbuch verboten.

Hiernach sind die für die Beurkundung der Anerkennung der Vaterschaft zuständigen Behörden oder Urkundspersonen beim Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft verpflichtet, die nach § 85a Aufenthaltsgesetz zuständige Behörde hierüber zu informieren und das Anerkennungsverfahren zunächst auszusetzen. Stellt die Ausländerbehörde fest, dass die Anerkennung der Vaterschaft nicht missbräuchlich ist, stellt sie das Verfahren ein. Ergibt die Prüfung allerdings, dass die Anerkennung der Vaterschaft missbräuchlich ist, stellt die Ausländerbehörde dies in einem Verwaltungsakt fest. Die Beurkundung ist dann durch die zuständige Behörde oder Urkundsperson abzulehnen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

  1. Bei wie vielen Kindern, deren Mütter sich in einem laufenden Asylverfahren befanden oder befinden, wurden Beurkundungen der Anerkennung einer Vaterschaft in den Jahren 2015, 2016, 2017, 2018, 2019 und 2020 (Stichtag 31.08.2020) jeweils in Bremen und Bremerhaven beantragt?
  2. In wie vielen dieser Fälle gab es Anhaltspunkte für die missbräuchliche Anerkerkennung der Vaterschaft i. S. d. § 1597a BGB? (Bitte jeweils nach Jahren sowie Bremen und Bremerhaven aufschlüsseln)
  3. In wie vielen dieser Fälle wurde die fälschliche Anerkennung der Vaterschaft durch die zuständigen Behörden festgestellt? (Bitte wieder nach Bremen und Bremerhaven sowie Jahren aufschlüsseln?
  4. Inwiefern werden die Mitarbeiter der für die Vaterschaftsanerkennung zuständigen Behörden bzw. die Urkungspersonen für das Thema „Missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung“ sensibilisiert bzw. fortgebildet?
  5. Welche Ermittlungsschritte werden in den nach § 85a Aufenthaltsgesetz zuständigen Behörden in Bremen und Bremerhaven unternommen, um eine Vaterschaft bzw. eine missbräuchliche Anerkennung eben dieser festzustellen?
  6. Inwiefern hält der Senat diese Maßnahmen für ausreichend?
  7. Welche Erkenntnisse hat der Senat darüber, dass Schlepperorganisationen schwangere Frauen gezielt zum Zwecke der missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung durch einen Deutschen bzw. einem Ausländer mit unbefristetem Aufenthaltstitel nach Bremen bringen?
  8.  Hält der Senat die derzeitigen gesetzlichen Regelungen für ausreichend, um solchen „Betrugsfällen“ vorzubeugen? Wenn „Nein“, welche gesetzlichen Änderungen sind nach Auffassung des Senats notwendig, um solche Vorgänge besser bekämpfen zu können? Gibt es bereits Initiativen in diese Richtung?
  9. Welche polizeilichen und justiziellen Möglichkeiten bestehen derzeit, um aktiv gegen Schlepperorganisation vorzugehen?
  10. Wie hoch schätzt der Senat den Schaden, welcher durch missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen dem Land Bremen und den Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven entstanden ist, ein? (Bitte nach Land und den Stadtgemeinden aufschlüsseln)