Luftverkehrsstandort in Bremen und Deutschland stärken – Ticketabgaben senken, Luftsicherheitsgebühren deckeln, Flughafenentgelte transparenter gestalten

Dringlichkeitsantrag der Fraktion der FDP Bremen.

Die aktuelle Diskussion um mögliche Streckenstreichungen der Lufthansa, von der nach Medienberichten auch der Flughafen Bremen unmittelbar betroffen wäre, verdeutlicht die Dringlichkeit, die Wettbewerbsfähigkeit des Luftverkehrsstandortes Bremen zu sichern. Ein Wegfall zentraler Verbindungen hätte gravierende Folgen für die Wirtschaftskraft, die internationale Anbindung und die Mobilität der Bürgerinnen und Bürger in der Region. Zudem finanziert sich der Flughafen maßgeblich über Flughafenentgelte (insbesondere Start- und Landeentgelte, Passagier- und Abfertigungsentgelte gemäß Entgeltordnung nach § 19b LuftVG); rückläufige Verkehrsmengen und Erlöse erschweren daher die notwendigen Sanierungs- und Investitionsanstrengungen des Standortes.
Zugleich ist Bremen als Luftfahrtstandort mit dem Airbus-Werk und zahlreichen Zulieferern in besonderem Maße auf eine verlässliche internationale Erreichbarkeit angewiesen. Geschäftsreisen, Zulieferketten und Kooperationen im europäischen Luftfahrtcluster erfordern schnelle und planbare Anbindungen. Kürzungen im Streckennetz oder ein Rückzug der Lufthansa würde deshalb nicht nur die Reisenden treffen, sondern auch eine Schlüsselbranche mit tausenden Arbeitsplätzen und hoher Wertschöpfung gefährden.
Nach Angaben des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) ist die Erholung des Luftverkehrs in Deutschland im 1. Halbjahr 2025 nahezu zum Erliegen gekommen. Die Passagierzahl lag mit 99,4 Mio. um 15,8 % unter 2019; das Wachstum betrug lediglich +2,8 % ggü. Vorjahr (2024: +10 %). Deutschland rangiert bei der Erholung auf Platz 28 von 31 europäischen Ländern. Staatlich veranlasste Kosten steigen 2025 um rund 1,1 Mrd. € auf insgesamt ≈ 4,4 Mrd. €. Airlines verlagerten seit 2019 netto rund 60 stationierte Flugzeuge ins Ausland (Rückgang von 190 auf 130), was laut BDL jährlich > 10.000 Arbeitsplätze und > 4 Mrd. € Wertschöpfung kostet. Für typische Europastrecken beziffert der Verband die staatlich veranlasste Kostenlast mit rund 35 € je Passagier (≈ 4.500–5.000 € je Flug) und fordert eine deutliche Senkung. (Quelle: BDL).
Deutschland weist im internationalen Vergleich eine hohe Belastung durch staatlich veranlasste Ticketabgaben und gebührengetriebene Kostenbestandteile im Luftverkehr auf. Die Erhöhung der Luftverkehrsteuer zum 1. Mai 2024 hat das Abflugkosten-Niveau weiter angehoben. Die Passenger Service Charges (PSC; passagierbezogene Flughafenentgelte) werden auf Grundlage des § 19b LuftVG von den zuständigen Landesluftfahrtbehörden genehmigt; der Vollzug ist heterogen, Transparenz und Vergleichbarkeit sind ausbaufähig. Die Luftsicherheitsgebühren gemäß LuftSiGebV werden flughafenspezifisch festgesetzt und belasten die Tickets spürbar; Sicherheitsaufgaben sind jedoch hoheitlicher Natur. Dies schwächt die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Flughäfen, begünstigt Ausweichverkehre auf ausländische Hubs und mindert die Konnektivität auch in der Metropolregion Nordwest.
Der Antrag kombiniert kurzfristige Preisentlastung mit struktureller Modernisierung:

  • Rücknahme der jüngsten Luftverkehrsteuer‑Erhöhung und befristete Konjunkturkomponente verbessern die Nachfrage und die Auslastung, ohne das Langfrist‑Klimaziel (SAF‑Quote, ETS) in Frage zu stellen.
  • Eine Rechtsverordnungsermächtigung in § 19b LuftVG für bundeseinheitliche Mindest-Benchmark-kriterien, Transparenz-/Berichtspflichten und – wo zulässig – aufsichtsbehördliche Leitplanken bei PSC stärkt Transparenz, Kostenorientierung und Rechtsklarheit, unter Wahrung der Länderzuständigkeit und im Einklang mit der RL 2009/12/EG (Airport Charges Directive)..
  • Die Deckelung und (Teil-)Bundesfinanzierung der Luftsicherheitsgebühren folgen dem Grundsatz, dass Sicherheitskosten primär hoheitlich zu tragen sind, umzusetzen durch Änderungen der LuftSiGebV sowie – falls erforderlich – eine Ergänzung des § 17 LuftSiG.
  • EU‑weit klare Regeln für airline‑eigene YQ/YR‑Zuschläge verhindern Irreführung und stärken den Wettbewerb.
    Für Bremen eröffnet die Maßnahme die Chance, BRE als effizienten, kundenfreundlichen Regional‑Hub im Nordwesten zu profilieren. Flankierende, befristete Incentives können Neustrecken und Frequenzaufwuchs auslösen; die beihilferechtliche Zulässigkeit ist sicherzustellen. Ein Monitoring ermöglicht datenbasierte Nachsteuerung (Angebot, Preise, fiskalische Effekte).

Beschlussempfehlung:

Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

  1. Der Senat wird aufgefordert, dem Bundesrat binnen acht Wochen eine Gesetzesinitiative gemäß Artikel 76 Absatz 1 GG zuzuleiten, die
    a. die durch das Zweite Haushaltsfinanzierungsgesetz zum 1. Mai 2024 erhöhten Sätze der Luftverkehrsteuer (LuftVStG) auf das bis 30. April 2024 geltende Niveau zurückführt und eine befristete Konjunkturkomponente von −10 % für 24 Monate vorsieht,
    b. in § 19b LuftVG eine Rechtsverordnungsermächtigung für bundeseinheitliche Benchmark-Kriterien, Transparenz-/Berichtspflichten und – im Rahmen der RL 2009/12/EG – aufsichtsbehördliche Leitplanken bei Passenger Service Charges (PSC) schafft und
    c. flankierend eine Entschließung des Bundesrates zur Änderung der Luftsicherheitsgebührenverordnung (LuftSiGebV) herbeiführt, mit dem Ziel
    i) einer Deckelung der Passagierkontrollgebühr auf max. 10,00 € je Passagier,
    ii) einer Bundes‑Mitfinanzierung von mindestens 50 % der Sicherheitskontrollkosten – erforderlichenfalls unter Anpassung des § 17 LuftSiG – sowie
    iii) einer jährlichen Evaluation (Sicherheit, Abfertigungsqualität, Standortwirkung),
    iv) zudem setzt sich die Bundesregierung auf EU-Ebene – unter Bezug auf Art. 23 VO (EG) Nr. 1008/2008 – für klare Transparenz- und Bezeichnungsregeln zu airline-eigenen YQ/YR-Zuschlägen,
  2. der Senat berichtet der Bürgerschaft bis zum 31. Januar 2026 über den Verfahrensstand im Bundesrat, die Position der Bundesregierung sowie die voraussichtlichen haushalts‑ und standortpolitischen Wirkungen,
  3. der Senat wird ersucht, in seiner Zuständigkeit als Aufsichts-/Genehmigungsbehörde
    a. die Entgeltordnung des Flughafens Bremen (BRE) im Rahmen des geltenden Rechts auf Kosten- und Transparenzstandards zu überprüfen und
    b. befristete, beihilferechtskonforme Anreizprogramme (z. B. New-Route-/Wachstums-Incentives, Qualitäts-/Pünktlichkeitskomponenten) zur Konnektivitätssteigerung zu entwickeln und der Bürgerschaft im Rahmen des Haushalts 2026 zur Entscheidung vorzulegen,
  4. der Senat wird aufgefordert, zusammen mit dem Flughafen, mit der Lufthansa und weiteren relevanten Airlines Gespräche aufzunehmen und ein gezieltes Streckenmarketing zu entwickeln, um die betriebswirtschaftliche Attraktivität des Standortes Bremen zu erhöhen und die Anbindung dauerhaft zu sichern. Dabei ist ausdrücklich auch die besondere Bedeutung des Luftfahrtclusters mit Airbus und den zahlreichen Zulieferern für die Region hervorzuheben,
  5. der Senat richtet gemeinsam mit Flughafen, Airlines und Wirtschaft ein Monitoring ein, das Angebot, Konnektivität, Preisentwicklung, Umsteigeranteile sowie Steuer‑ und Beschäftigungseffekte ausweist,
  6. der staatlichen Deputation für Wirtschaft und Häfen regelmäßig über den Stand und die Umsetzung der Beschlusspunkte Bericht zu erstatten.