Fairness-Lücke schließen – Soloselbstständige endlich fair behandeln!

Dringlichkeitsantrag der Fraktion der FDP.

Die Corona-Krise und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen treffen viele Unternehmen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hart. Besonders betroffen sind die sogenannten Soloselbstständigen, also Selbstständige, die keine weiteren Angestellten beschäftigen. Zu dieser Gruppe gehören beispielsweise besonders häufig Architekten, Techniker, Gärtner und Künstler. Also wichtige Berufe für unsere Gesellschaft. In vielen Fällen sind sie vollständig darauf angewiesen, ihren Lebensunterhalt aus dem Einkommen der Selbstständigkeit zu bestreiten. Da in einigen Fällen die Aufträge stark eingebrochen sind, sehen sich viele Selbstständige mit einer sehr schwierigen Situation konfrontiert, die droht die eigene wirtschaftliche Existenz zu vernichten.  

Bisher haben die Hilfspakete der Bundesregierung wenig Abhilfe schaffen können. Soloselbstständige konnten zwar die Soforthilfe beantragen, sie durften das Geld aber nicht für den persönlichen Lebensunterhalt ausgeben. Da in vielen Fällen der Unternehmerlohn der Hauptkostenpunkt ist und häufig kaum Betriebskosten anfallen, hat die Soforthilfe für viele Soloselbstständige kaum Erleichterung geschaffen. Positiv hervorzuheben ist immerhin, dass im Bundesland Bremen für Soloselbstständige ein Zuschuss, der auch für den privaten Lebensunterhalt genutzt werden kann, aus dem ersten Soforthilfeprogramm möglich war, sofern der Antrag vor dem 1. April 2020 gestellt wurde. Alle Soloselbstständigen, die ihren Antrag später gestellt haben, gingen aber auch in Bremen leer aus und konnten den Zuschuss nur für Betriebsausgaben verwenden. 

Die Bundesländer haben den Bund zwischenzeitlich einstimmig dazu aufgefordert, dieses Problem abzustellen und ein Soforthilfeprogramm aufzulegen, das auch Soloselbstständigen bei den privaten Lebenshaltungskosten hilft. Letzte Hoffnungen darauf, dass der Bund ein solches Programm auflegen würde, sind spätestens in dem Moment zerschlagen worden, als der Leiter des Bundeskanzleramtes, Minister Helge Braun, auf die entsprechende Frage des Abgeordneten Johannes Vogel (FDP) antwortete, dass die Länder herzlich eingeladen seien, es selbst zu machen. Stattdessen sehen die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien als einzigen Weg für die Soloselbstständigen, Arbeitslosengeld II (ALG II) zu beantragen, wenngleich diese in den vergangenen Jahren wichtige Leistungsträger für die Gesellschaft waren. Obwohl die Vermögensprüfung bei der Beantragung von ALG II teilweise ausgesetzt ist, erreichen die Öffentlichkeit immer wieder Berichte über Probleme aus der Praxis, die die Beantragung von ALG II erschweren oder unmöglich machen. Großes Problem ist dabei das Schonvermögen bei der Vermögensprüfung 60.000 Euro nicht überschreiten darf. Ältere Soloselbstständige mit entsprechender Altersvorsorge gucken hier in die Röhre.

Da der Bund seiner Verantwortung zur fairen Behandlung von Soloselbstständigen nicht gerecht wird, sind die Bundesländer in der Pflicht, diese Fairness-Lücke zu schließen. Das schwarz-gelb regierte Nordrhein-Westfalen geht nun mit gutem Beispiel voran und legt ein entsprechendes Programm auf, dass bei den Hilfsleistungen für Soloselbstständige auch den Unternehmerlohn berücksichtigt. 

In Bremen ist ein Teil der Soloselbstständigen, nämlich Künstlerinnen und Künstler, bereits mit einem Hilfsprogramm versorgt worden. Mit einem ersten Hilfsprogramm von Ende März bis Ende Mai und mit einer Verlängerung von Juni bis August wurden insgesamt Mittel in Höhe von 1,250 Millionen Euro bereitgestellt, die aus dem Bremen-Fonds finanziert werden sollen. Künstlerinnen und Künstler in Bremen erhalten für die fünf Monate insgesamt 5.000 Euro. Bei der Abwägung der Alternative wurde in der entsprechenden Vorlage in der Kulturdeputation zur Verlängerung des Programms auch die Möglichkeit aufgeführt, die Künstlerinnen und Künstler auf die Möglichkeit der Beantragung des ALG II zu verweisen. Diese Alternative wurde seitens des Senats aber auch der Kulturdeputation nicht empfohlen.  

Es stellt sich daher die Frage, warum der Verweis auf die Beantragung von ALG II für die anderen Soloselbstständigen akzeptabel sein soll, wenn sie es für Künstlerinnen und Künstler nicht ist. Die richtige Förderung eines Teils der Soloselbstständigen und die Nichtförderung des Restes stellen eine erhebliche Fairness-Lücke da. Wer in dieser Frage weiterhin auf den Bund verweist, obwohl sich dieser eindeutig positioniert hat, lässt die Soloselbstständigen bewusst im Regen stehen und handelt verantwortungslos. Bremen ist daher gefordert, mit einem eigenen Landesprogramm analog zu Nordrhein-Westfalen und analog zu Bremens eigenem Programm für Künstlerinnen und Künstler schnellstmöglich Abhilfe zu schaffen. 

Die Bremische Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen,

Die Bremische Bürgerschaft (Landtag) fordern den Senat auf,

  1. Umgehend ein Hilfspaket im Umfang von 15 Millionen Euro für Solo-Selbstständige aufzulegen und bei Bedarf aufzustocken, dessen Gelder – ähnlich wie beim Kulturhilfspaket des Senats – auch für den privaten Lebensunterhalt genutzt werden können. Die Finanzierung soll wie beim Kulturhilfspaket auch über den Bremen-Fonds erfolgen.

    Dabei sollen folgende Kriterien gelten:
    • Profitieren von dem Hilfspaket sollen alle Soloselbstständigen, die im Land Bremen wohnen, die mit ihrer Selbstständigkeit in den Jahren 2018 und 2019 jeweils hauptsächlich ihr Einkommen bestritten haben.
    • Sofern die Soloselbstständigen bereits eine Förderung aus dem ersten Landesprogramm (Corona-Soforthilfe Land I) erhalten haben, soll dies angerechnet werden. Eine Förderung aus dem Bundesprogramm (Corona-Soforthilfe Bund) darf kein Ausschlussgrund sein. 
    • Im Übrigen sollen die Förderkriterien der Hilfsprogramme für Künstlerinnen und Künstler im übertragenen Sinne gelten. 
    • Die Höhe der Förderung der Soloselbstständigen soll rückwirkend ab April jeweils 1.000 Euro im Monat vorläufig bis zum Monat August (angepasst an die Förderung für Künstlerinnen und Künstler) betragen. 
  2. Der staatlichen Deputation für Wirtschaft und Arbeit einen Monat nach Beschlussfassung  zu berichten