Bundeswehr im Innern: Aktionismus und Panikmache?

Große Anfrage der Fraktion der FDP.

Bereits im Juli 2016 hat die Bundesregierung mit der Vorstellung des Weißbuchs zur Sicher- heitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr bekanntgegeben, dass zur Stärkung der nationalen Sicherheitsarchitektur vermehrt gemeinsame Übungen zwischen allen staatlichen Sicher- heitsbehörden und der Bundeswehr durchgeführt werden sollen. Nach den Bluttaten von Würzburg, München, Reutlingen und Ansbach hat diese Debatte um den Einsatz der Bundeswehr im Inneren erneut an Fahrt gewonnen. Nun haben sich die Landesinnenminister und Senatoren mit Bundesinnenminister Thomas De Maizière und Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen darauf geeinigt, dass solch eine Übung im Februar 2017 stattfinden soll.

Kaum stand diese Vereinbarung, meldete sich Bremen freiwillig für die Teilnahme an dieser Übung, an der neben NRW noch zwei CDU-regierte Länder teilnehmen sollen. Nach dem missglückten, von Innensenator Mäurer durchgesetzten Anti-Terroreinsatz im Jahr 2015, soll Bre- men also erneut an einer sicherheitspolitisch fragwürdigen Veranstaltung teilnehmen. Im Ge- gensatz zum Bremer Innensenator äußerte sich der Niedersächsische Innenminister, Boris Pistorius, aufgrund des Ausschlusses eines Großteils der Länder von dieser Übung kritisch zu diesem Vorhaben. Aufgrund der geringen Anzahl der teilnehmenden Länder könnten kaum Ver- besserungspotenziale in der Zusammenarbeit zwischen Polizei und Bundeswehr identifiziert werden, so Pistorius. Dies ist jedoch nach Aussagen von Innensenator Mäurer der Hauptgrund für Bremens Teilnahme.

Insgesamt erschließt es sich also nicht, wieso Bremen an diesem neuen Format der gemeinsamen Übung teilnimmt und sich nicht wie Niedersachsen für eine neue Runde der länderübergreifenden Krisenmanagementübungen / Exercise (LÜKEX) einsetzt. Bei diesen strategischen Krisenmanagementübungen werden die obersten Krisenstäbe und Krisenmanagementstrukturen auf Bundes- und Landesebene unter Einbeziehung der kritischen Infrastrukturen in privater Hand beübt. Die ganzheitlichen LÜKEX-Übungsszenarien bieten somit einen bereits vorhandenen Rahmen für Krisenmanagementübungen und machen ein neues Format solcher Übungen, an denen zudem nur einige wenige Länder teilnehmen, weitgehend überflüssig.

Neben den Bedenken, die sich aus dem begrenzten Teilnehmerkreis der Übung im Februar 2017 ergeben, stellt sich jedoch auch die Frage nach der Aufgabenverteilung zwischen Polizei und Bundeswehr. Hier müssen weiterhin die strengen Regelungen des Grundgesetzes gelten die eindeutig besagen, dass die Polizei für die Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung im Inneren zuständig ist. Die Bundeswehr ist hingegen zur Verteidigung bei einem auf das Bundesgebiet gerichteten Angriff mit Waffengewalt und nur in Ausnahmefällen zur Amtshilfe bei schweren Unglücksfällen im Inneren einsetzbar.

Wir fragen den Senat:

  1. Aus welchen Gründen hält der Senat eine Beteiligung der Bundeswehr bei Anti-Terror- Maßnahmen für erforderlich und warum sollen die Polizeien der Länder und des Bundes hierfür nicht mehr ausreichend ausgestattet sein?
  2. Aus welchen Gründen beteiligt sich das Land Bremen an der oben genannten gemeinsa- men Übung mit einem derart kleinen Kreis der teilnehmenden Länder und Behörden?
  3. Warum setzt sich der Senat nicht gemeinsam mit Niedersachsen für eine neue Runde der länderübergreifenden Krisenmanagementübungen / Exercise (LÜKEX) ein?
  4. Welche konkreten Erkenntnisse erhofft sich der Senat aus der gemeinsamen Übung vonvier Bundesländern mit der Bundeswehr und der Bundespolizei?
  5. Inwieweit stimmt der Senat der Kritik an der für Februar 2017 geplanten gemeinsamenÜbung der Sicherheitsbehörden von vier Bundesländern mit der Bundeswehr zu, dass eine solche Übung unter Ausschluss der Polizeien sowie Sicherheits- und Katastrophenschutz- behörden von zwölf anderen Bundesländern kaum Verbesserungspotenziale in der Zusam- menarbeit offenlegen werde, zu?
  6. An welche konkreten Hilfemaßnahmen durch die Bundeswehr bei welchen Lagen ist ge- dacht?
  7. Stehen diese Maßnahme mit Art. 35 GG im Einklang bzw. ist dies bereits geprüft worden?
  8. Wie und mit welchen Einsatzkräften/Stabstellen wollen sich die jeweiligen Sicherheitsbe- hörden im Land Bremen in welchem personellen Umfang an der geplanten Übung im Feb-ruar 2017 beteiligen und wer trägt hier die Kosten?
  9. Wie soll zukünftig die Koordination für den Anti-Terror-Kampf zwischen Polizei und Bun-deswehr erfolgen, allgemein und bei konkreten Lagen?
  10. Sollen bei den Polizeien der Länder besondere Anti-Terror-Einheiten eingerichtet, perma-nent weitergebildet und vorgehalten werden? Wenn ja, in welchem Umfang für Bremen

    und wie soll die Einbindung in die neue Polizeistruktur in Bremen erfolgen?

  11. Könnte aufgrund der Initiative des Bundes hier an finanzielle Unterstützung durch den Bund bei den Kosten der Länder gedacht werden?
  12. Der Bundesinnenminister will die Personalausstattung der Bundespolizei deutlich um ei-nige Tausend Stellen erhöhen. Liegen dem Senator für Inneres Informationen darüber vor, wie die Bundespolizei bei wesentlich erhöhtem Personal in die Anti-Terror-Bekämpfung eingesetzt und in die Arbeit der Landespolizeien eingebunden werden soll?
  13. Hält der Senator für Inneres mehrere bundespolizeiliche Schwerpunktsitze für Anti-Terror- Einheiten für sachdienlich, um eine zeitnahe Unterstützung der Landespolizeien zu ge- währleisten?
  14. Liegen dem Senator für Inneres Informationen dazu vor, dass auf Bundesebene eine Än- derung der Rechtsgrundlage zum Einsatz der Bundeswehr im Inland, die über die bisheri- gen Regelungen in Art. 35 GG hinausgehen, geplant wird? Wenn ja, welche Informationen hat der Senator für Inneres hierzu?
  15. Wird nicht ggfls. durch die öffentliche, demonstrative Hervorhebung der Bundeswehr- und nicht durch die Betonung der sachlichen Arbeit der Polizei – dem Terrorismus unbewusst zugespielt, da er sich quasi zusätzlich gesteigert in kriegerischer Gegnerschaft befindlich begreifen könnte?

Peter Zenner, Lencke Steiner und die Fraktion der FDP
Anfrage auf der Seite  der Bremischen Bürgerschaft