Zuwendungen im Land Bremen – Entwicklung, Monitoring, Digitalisierung und Transparenz
Große Anfrage der Fraktion der FDP Bremen.
Zuwendungen nach §§ 23 und 44 der Bremischen Landeshaushaltsordnung (LHO) sind ein wichtiges Instrument, um gesellschaftlich wertvolle Aufgaben zu fördern – von sozialem Engagement über Bildung bis hin zu Kultur, Sport und Innovation. Sie ermöglichen Projekte, die ohne staatliche Unterstützung nicht oder nicht im nötigen Umfang realisiert werden könnten. Im Jahr 2024 beliefen sich die Zuwendungen auf rund 647,64 Millionen Euro – das sind rund zehn Prozent des bremischen Landeshaushalts. Begünstigt wurden etwa 1.143 unterschiedliche Empfänger.
Gerade weil Zuwendungen so bedeutsam sind, muss ihr Einsatz wirksam, nachvollziehbar und transparent erfolgen. Jeder Euro sollte dort ankommen, wo er tatsächlich etwas bewirkt – bei den Menschen, den Initiativen und den Ideen, die Bremen voranbringen. Aus liberaler Sicht gilt daher: Wirkung vor Aufwand, Transparenz vor Intransparenz und Eigenverantwortung vor Staatsabhängigkeit. Fördermittel sollen subsidiär, wettbewerbsneutral und zeitlich befristet wirken – mit klaren Zielen, messbaren Ergebnissen und einer konsequenten Erfolgskontrolle. Dauerhafte „Quasi-Institutionalisierungen“ ohne überprüfbaren Mehrwert sind zu vermeiden.
Gleichzeitig sollen Verfahren einfach, digital und bürgerfreundlich sein (Once-Only-Prinzip), Doppel- und Mehrfachförderungen vermieden und offene, maschinenlesbare Daten bereitgestellt werden. Denn nur ein transparentes System schafft Vertrauen – bei den Fördernden wie bei den Geförderten.
Rechnungshöfe in Bund und Ländern haben in den vergangenen Jahren wiederholt Defizite in der Zuwendungspraxis aufgezeigt – etwa bei fehlenden Wirkungszielen, mangelhaftem Monitoring weitergeleiteter Mittel sowie unvollständigen Rechnungs- und Verwendungsnachweisen. Reformideen wie Festbetragsfinanzierung, Pauschalierung nach Standardeinheitskosten, Entkopplung von Vergabe- und Zuwendungsrecht sowie eine Konsolidierung der Förderlandschaft können Entlastung bringen, ohne Kontrollstandards zu senken.
Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:
Entwicklung und Struktur der Zuwendungen
- Wie hoch waren die Gesamtausgaben für Zuwendungen (Land und Stadtgemeinden) in den Jahren 2019 bis einschließlich 2025 jeweils insgesamt und getrennt nach
I. institutioneller Förderung und Projektförderung,
II. Finanzierungsarten (Fehlbedarfs‑, Anteils‑, Festbetrags‑, Vollfinanzierung),
III. Ressort/Zuwendungsgeber,
IV. Empfängergruppen (z. B. freie Träger, Vereine/Verbände, kommunale/öffentliche Einrichtungen, Unternehmen, Hochschulen) und
V. Politikfeldern (z. B. Soziales, Bildung, Kultur, Sport, Wirtschaft, Umwelt)?
Bitte zusätzlich je Aggregation die relative Entwicklung ausweisen: (a) Jahresanteile (%) je Kategorie, (b) Veränderung gegenüber dem Vorjahr (%) sowie kumulativ seit 2019 (%), (c) Pro‑Kopf‑Ausgaben in € je Einwohner - Wie hat sich die Zahl der Anträge, Bewilligungen, Ablehnungen und Widerrufe/Rücknahmen in den Jahren 2019–2025 entwickelt (je Ressort/Programm), und wie lange betrug jeweils die durchschnittliche, mediane und 90-Perzentil-Bearbeitungszeit von Antragseingang bis Bescheid (sowie bis Auszahlung)?
- Welche Anteile der Zuwendungssummen entfielen 2019–2025 auf einjährige vs. mehrjährige Bewilligungen? Wie hoch war der Anteil von Verstetigungen (Dauerförderungen) gegenüber einmaligen Projektmitteln?
- In welchem Umfang kam es seit 2019 zu Doppelförderungen bzw. Mehrfachförderungen gleicher Zwecke durch verschiedene Ressorts oder in Kombination mit Bundes‑/EU‑Programmen? Welche Mechanismen bestehen zur Prävention, Aufdeckung und Korrektur (inkl. Rückforderung)?
Bewilligungspraxis, Eigenmittel und Drittmittel - Wie stellt der Senat sicher, dass bei jeder Bewilligung die Eigenmittel der Antragsteller sowie mögliche Beiträge wirtschaftlich interessierter Dritter angemessen geprüft, bewertet, belegt und dokumentiert werden?
I. Inwievielen Fällen (absolut/Quote) 2019–2025 wurden Eigenmittel und Drittmittel bei der Bewilligung nachvollziehbar geprüft und entsprechende Belege eingefordert?
II. Welche ressortübergreifenden Vorgaben/Leitfäden gelten dafür, und wann wurden diese zuletzt aktualisiert? - In wie vielen Fällen wurden betriebswirtschaftliche Auswertungen, Jahresabschlüsse oder vergleichbare Unterlagen verpflichtend angefordert, um die Leistungs‑ und Finanzierungsfähigkeit der Antragstellenden zu prüfen? Welche Schwellen/Bagatellgrenzen gelten hierfür?
Wirkungsziele, Erfolgskontrolle und Verwendungsnachweise - Wie hoch ist der Anteil der Zuwendungen (nach Anzahl und Volumen), für die messbare Wirkungsziele (inkl. geeigneter Kennzahlen) bereits im Zuwendungsbescheid verbindlich festgelegt wurden? Bitte je Ressort/Programm seit 2019 ausweisen.
- Welche Verfahren der Erfolgskontrolle (Soll‑Ist‑Vergleich, Output‑/Outcome‑Indikatoren, Wirkungs- und Wirtschaftlichkeitsanalyse) werden eingesetzt? Wie oft führten Erfolgskontrollen seit 2019 zu Anpassungen, Kürzungen, Aussetzungen oder Beendigungen von Förderungen?
- Wie hoch ist seit 2019 die Quote fristgerecht eingereichter Verwendungsnachweise (VN) nach ANBest (I/P/Gk) je Ressort/Programm? In wie vielen Fällen kam es zu verspäteten VN, Mängeln, Nichtanerkennungen und daraus folgenden (Teil‑)Rückforderungen bzw. Verzinsungen? Bitte nach Volumen und Anzahl ausweisen.
- Welche Stichproben‑ und Vor‑Ort‑Prüfungen wurden 2019–2025 durchgeführt (Anzahl, Auswahlkriterien, Prüfumfang)? Welche typischen Mängelbilder wurden identifiziert, und welche präventiven Maßnahmen hat der Senat daraus abgeleitet?
Weiterleitung von Zuwendungen - Bei Programmen mit Weiterleitung von Mitteln (z. B. über Dachverbände, Träger, Projektträger):
I. Welche Mindestanforderungen gelten für Prüf‑ und Kontrollpflichten gegenüber Letztempfängern (Belegprüfung, Stichproben, Obergrenzen, Unzulässigkeiten)?
II. Wie viele Fälle von fehlerhafter Mittelverwendung, unzulässigen Ausgaben oder Überschreitung von Förderhöchstgrenzen wurden seit 2019 festgestellt? Umfang der Rückforderungen?
III. Welche spezifischen Maßnahmen wurden im Bereich der Sportförderung eingeführt, um die im Rechnungshofbericht angesprochenen Defizite (u. a. „Kids in die Clubs“) abzustellen?
Baubezogene Zuwendungen (NBest‑Bau/RLBau) - Wie stellt der Senat die Anwendung der NBest‑Bau sicher? Wie werden Abweichungen dokumentiert und sanktioniert?
Digitalisierung, ZEBRA und Transparenz - Wie ist der Stand des Roll‑outs von ZEBRA‑Online:
I. Welche Ressorts/Programme sind seit 2023/24 produktiv angebunden?
II. Welcher Anteil der Anträge 2024/2025 wurde digital über ZEBRA‑Online gestellt und vollständig medienbruchfrei bearbeitet?
III. Welche Qualitätskennzahlen (Dubletten, Plausibilitätsfehler, Nachforderungen, Bearbeitungszeiten) werden erhoben, und wie haben sie sich seit Einführung entwickelt? - Werden die quartalsweisen Open‑Data‑Berichte über Zuwendungen fristgerecht gemäß BremIFG veröffentlicht? Gab es seit 2019 Abweichungen/Verzögerungen? Wenn ja: Gründe und Abhilfe.
- In welchem Umfang werden offene, maschinenlesbare Formate standardmäßig bereitgestellt, und sind API‑Zugriffe geplant, um Recherchen/Vergleiche zu erleichtern?
Rückforderungen, Zinsen, Sanktionen - Wie hoch waren 2019–2025 die (Teil‑)Rückforderungen, Verzinsungen und endgültig uneinbringlichen Forderungen (je Ressort/Programm)? Welche Ursachen lagen am häufigsten zugrunde?
- Welche Eskalations‑ und Sanktionsmechanismen (Bewilligungssperren, Ausschluss von Folgeförderungen, Vertragsstrafen) werden angewandt? Bitte Fallzahlen seit 2019.
Entbürokratisierung und Risikosteuerung - Welche Maßnahmen zur Entlastung kleiner Zuwendungen (Bagatellgrenzen, vereinfachte VN, Pauschalen, digitale Nachweise, eSignatur) sind umgesetzt oder in Vorbereitung? Wie werden Risiken bei vereinfachten Verfahren kompensiert (z. B. risikobasierte Stichproben)?
- Welche ressortübergreifenden Fortbildungen/Qualifizierungen zum Zuwendungsrecht (inkl. ZEBRA) werden angeboten? Wie viele Beschäftigte nahmen 2019–2025 daran teil?