Zustand der Spielplätze in Bremen: Attraktive Lebensräume innovativer Quartierskonzepte oder traurige Sandwüsten? 

Große Anfrage der Fraktion der FDP.

Spätestens mit der Sperrung der Spielplätze als Corona-Schutzmaßnahme im Frühjahr 2020 wurde deutlich, wie wichtig diese im urbanen Lebensraum sind. Mehr denn je muss es deshalb das Ziel moderner Stadtpolitik sein, ausreichend und abwechslungsreich gestalteten Spielraum zur Verfügung zu stellen. Dieser muss nicht nur einmalig angelegt, sondern auch langfristig gepflegt werden. Vermüllte Spielplätze, beschädigte Spielgeräte oder Rattenplagen, die zur Sperrung von öffentlichem Spielraum führen, sind ein Armutszeugnis. Trauriger Höhepunkt Bremer Spielplatzpolitik ist die Schließung des Spielplatzes „Robinsönchen“ an den Wallanlagen durch die Umweltbehörde (dazu etwa Weser Kurier, 14.07.2022). Besonders erschreckend waren auch die Vorfälle im Frühjahr und Sommer 2020: Unbekannte befestigten Messer so an Spielgeräten, dass sich Kinder schlimm verletzen konnten. Eltern mussten dazu aufgerufen werden, vor Benutzung der Spielplätze zu schauen, ob an Rutschen oder Klettergerüsten scharfe Klingen o.ä. befestigt sind. Hier manifestiert sich ein Kinder- und Familienhass, der trauriger kaum zum Ausdruck gebracht werden kann. Die Polizei nahm damals die Ermittlungen auf, die Vorfälle wiederholten sich zum Glück in den Folgejahren nicht mehr.

„Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes auf Ruhe und Freizeit an, auf Spiel und altersgemäße aktive Erholung sowie auf freie Teilnahme am kulturellen und künstlerischen Leben.“ So steht es im Artikel 31 der UN -Kinderrechtskonvention. Löst Bremen mit dem vorhandenen Angebot öffentlicher Spiel- und Aufenthaltsflächen für Kinder und Jugendliche diesen Teil der UN-Kinderrechtskonventionen ein? In der zeitgenössischen Forschung zum Thema Spiel haben sich verschiedene Grundsätze etabliert – Themen wie naturnahes Spiel, Orte für Bewegung, aber auch für Entspannung oder die partizipative Gestaltung bestimmen dabei die Diskussion. Für das Deutsche Kinderhilfswerk hat Holger Hofmann „10 Bausteine eines kindgerechten Spielplatzes“ zusammengetragen. Diese stellen eine sinnvolle Synopse da, die auch eine gute Folie zur Bewertung der Qualität der Spielplätze im Stadtgebiet ist. Das „Erste Ortsgesetz über Kinderspielflächen in der Stadtgemeinde Bremen“ oder auch die „Grundsätze für Planung, Bau und Unterhaltung von öffentlichen Spielplätzen in der Stadt Bremen“ regeln die äußeren Rahmenbedingungen. Zu fragen bleibt, ob diese Vorgaben tatsächlich umgesetzt werden und inwieweit nach erfolgter Bestandsaufnahme eine Anpassung notwendig ist. Vor dem Hintergrund der traurigen Nachricht über den Zustand einiger Bremer Spielplätze und dem Anspruch an eine familien- und kinderfreundliche Politik fragen wir den Senat:

  1. Wie viele und welche Spielplätze werden aktuell von der Stadt Bremen unterhalten (bitte nach Stadtteilen aufschlüsseln) und wo sind Neuanlagen geplant (bitte Zeitplan angeben)?
  2. In welchem baulichen und pflegerischen Zustand befinden sich diese Spielplätze, wann wurden sie jeweils angelegt und wie sind die Renovierungs- und Erneuerungszyklen, wann wurden sie zuletzt grunderneuert und welche Kosten sind dadurch entstanden?
  3. Wie viele dieser Spielplätze sind bspw. mit einem Zaun abgesichert, um einerseits kleinere Kinder zu schützen und andererseits Vandalismus vorzubeugen und wer ist für das Auf- und Abschließen verantwortlich und bei welchen Spielplätzen sollen zusätzliche Schutzmaßnahmen ergriffen werden?
  4. Wie viele der genannten Spielplätze sind aufgrund baulicher Mängel nur beschränkt oder gar nicht benutzbar und wie viele wurden in den vergangenen 24 Monaten für längere Zeiträume teilweise oder ganz gesperrt – wenn ja, welche sind es in welchen Quartieren und jeweils wie lange?
  5. In welchem Rhythmus werden die Spielplätze jeweils hinsichtlich möglicher Schäden begutachtet, wie oft erfolgt eine Reinigung dieser öffentlichen Plätze und was wird dann jeweils gereinigt?
  6. Bewertet der Senat die Anzahl und die jeweilige Ausstattung der Spielplätze als ausreichend und wie viele Quadratmeter Spielfläche stehen damit pro Einwohner im Durchschnitt zur Verfügung?
  7. Wo können Schäden und Vernachlässigung durch die Bürgerinnen und Bürger angezeigt werden, wie oft ist dies in den letzten 24 Monaten geschehen und wie lange dauert es von der Anzeige bis zur Beseitigung des Schadens?
  8. Wie hat sich der finanzielle Anteil zur Unterhaltung, Gestaltung und Neuanlage von Spielplätzen an den jeweiligen Haushalten der Stadt geblickt auf die letzten 5 Jahre verändert?
  9. Wie hoch schätzt die Stadt den Investitionsbedarf zur vollständigen Instandsetzung aller öffentlichen Spielplätze und auf welchen Parametern beruht diese Schätzung?
  10. Wie viele private oder genossenschaftliche Initiativen, die Spiel- und Erlebnisflächen für Kinder und Jugendliche zur Verfügung stellen, erhalten finanzielle Unterstützung und wie hoch ist diese jeweils geblickt auf die vergangenen 5 Jahre und wie ist die Finanzierung für die Zukunft abgesichert?
  11. Wie aktuell ist die online-Übersicht über Spielflächen im Land Bremen und die Charakterisierung besonderer Ausstattungsmerkmale?
  12. Wie hoch ist der jährlich durch Vandalismus entstandene Schaden und wie hat sich dieser geblickt auf die vergangenen 5 Jahre entwickelt?
  13. Wie viele der in Frage 1 genannten Spielplätze sind in besonderem Maße von der täglichen Vermüllung gerade auch mit gefährlichem Unrat wie alten Spritzen oder Glasscherben betroffen, wie wird in diesen Fällen bspw. der Reinigungsrhythmus angepasst und welche zusätzlichen Schutzmaßnahmen werden ergriffen? 
  14. Wie bewertet der Senat die Qualität der in Frage 1 genannten Spielflächen, legt man bspw. die von Holger Hofmann für das Deutsche Kinderhilfswerk vorgelegten 10 Bausteinen für kindgerechtes Spielen zugrunde und welcher Handlungsbedarf leitet sich für den Senat aus dieser Bewertung ab?
  15. Wie viele öffentliche Spielplätze wurden geblickt auf die vergangenen fünf Jahre unter Beteiligung von Kindern und Jugendlichen entworfen bzw. umgestaltet und ist es geplant, einen standardisierten Beteiligungsprozess zu etablieren?
  16. Welche Berücksichtigung findet das Thema Spiel- bzw. Aufenthalts- und Aktivitätsflächen für Kinder und Familien, aber auch für Jugendliche bei der Umgestaltung der Quartiere vor allem aber auch bei der Attraktivierung der Innenstadt und der Steigerung der Aufenthaltsqualität in dieser? Welche konkreten Anlagen sind jeweils geplant und wann werden sie umgesetzt?
  17. Wie müssen Spielplätze zukünftig mit Blick auf sich wandelnde Bevölkerungsstruktur angepasst und neu geplant werden?
  18. Welche Möglichkeiten der generationenübergreifenden Begegnung lassen die in Frage 1 ausgewiesenen Spielflächen zu, wie sind diese jenseits von Spielgeräten möbliert – Bänke, Sitzgruppen, Schattenflächen, Überdachungen etc. und wo ist eine entsprechende bauliche Veränderung geplant?
  19. Wie viele Kindertageseinrichtungen und Horte der Stadt müssen auf öffentliche Spielflächen ausweichen, da sie nicht über eigene Außenanlagen verfügen? Wann wird in diesen Fällen nachgebessert, da ein Außengelände Voraussetzung für die Betriebserlaubnis ist und werden die öffentlichen Spielplätze, die verstärkt von Kindertageseinrichtungen, Tagesmüttern oder Horten aufgesucht werden besonders gereinigt oder gesichert?
  20. Wie wird in Fällen von Renovierungs-, Erneuerungs- und Umgestaltungsarbeiten sichergestellt, dass die Spielflächen nur zeitlich beschränkt nicht zugänglich sind, wie lang darf der Zeitraum der Sperrung maximal sein und wie lang waren die in Frage 1 genannten Spielflächen jeweils bis zur Wiedereröffnung gesperrt?
  21. Wie viele Kindertageseinrichtungen stellen nach den Öffnungszeiten ihre Spielflächen für die öffentliche Nutzung zur Verfügung und wie werden sie dafür bei der Reinigung und Instandhaltung unterstützt?
  22. Welche außer den im Vortext genannten Richtlinien gibt es hinsichtlich der Ausstattung und Möblierung von Spielplätzen und wie verhalten sich diese Vorgaben zu den Vorgaben anderer Kommunen?
  23. Gibt es abhängig vom Alter eine Mindestausstattung für die unterschiedlichen Altersbereiche – etwa U3 und Ü3 – und welche der unter Frage 1 genannten Spielplätze setzen diese tatsächlich um?
  24. Umschließen die in Frage 1 genannten Spielplätze auch Aufenthaltsflächen für ältere Kinder und Jugendliche (Basketballfläche, Tischtennisplatten, Kletterkäfige etc.) und welche Bedarfe sieht der Senat, diese Altersgruppe zukünftig stärker bei der Planung öffentlicher Spielflächen zu berücksichtigen?
  25. Wie verteilen sich die verschiedenen Spielplätze mit unterschiedlicher Attraktivität für bestimmte Altersgruppen auf die Stadtteile und Quartiere Bremens und wo muss hier für Ausgleich gesorgt werden?
  26. Berücksichtigt der Senat bei der Aufstellung öffentlicher Brunnen auch die Spielflächen der Stadt als mögliche Standorte – wenn ja, wie viele öffentliche Brunnen an Spielplätzen wurden in den letzten fünf Jahren aufgestellt und wie viele sollen im kommenden Jahr folgen; wenn nicht, warum nicht?
  27. Wie viele der in Frage 1 ausgewiesenen Spielflächen verfügen auch über öffentlich zugängliche Toiletten und bei wie vielen wurden bspw. im Rahmen der Initiative „Nette Toilette“ mit umliegenden Lokalen etc. Absprachen zur WC-Nutzung getroffen und wie wird diese Nutzungsmöglichkeit im Umfeld des Spielplatzes kommuniziert?