Wie soll der Stau bei den Fahrerlaubnisprüfungen behoben werden?

Kleine Anfrage der Fraktion der FDP Bremen.

Die Fahrerlaubnis ist für viele Bürgerinnen und Bürger ein wesentlicher Mobilitätsfaktor in Deutschland. So wurden laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) im Jahr 2023 knapp 2 Millionen theoretische und etwa 1,75 Millionen praktische Fahrerlaubnisprüfungen durchgeführt. Für die Abnahme der Fahrerlaubnisprüfung sind in den Bundesländern die Technischen Prüfstellen (TP) verantwortlich. Je Bundesland ist stets nur eine TP beauftragt, so dass de facto Gebietsmonopole existieren. Die Beauftragung ist unbefristet. Eine Ausnahme bildet Berlin, hier werden seit der Wiedervereinigung die beiden Technischen Prüfstellen unterhalten durch TÜV Rheinland und DEKRA.
Im Bereich der hoheitlichen Fahrzeugüberwachung wurden seit 1990 schrittweise wesentliche Bereiche (u.a. Hauptuntersuchung, Abgasuntersuchung, Genehmigungsbegutachtung, Änderungsabnahmen) in einen qualitätsgesicherten Wettbewerb der Überwachungsinstitutionen (TÜV-Organisationen, DEKRA, GTÜ, KÜS u.a.) überführt, insbesondere zum Vorteil der Fahrzeughalter und Kunden mit Blick auf Service, Verfügbarkeit und Wartezeiten. Lediglich der Bereich der Fahrerlaubnisprüfung ist bis heute alleinig den beauftragten TPs vorbehalten und amtlich anerkannte Überwachungsorganisationen dürfen diese Prüfungen nicht im staatlichen Auftrag abnehmen.
Nicht zuletzt durch die Monopolstruktur der jeweiligen TP ergeben sich schon seit vielen Jahren, aber auch aktuell, zum Teil lange Wartezeiten aufgrund fehlender Fahrerlaubnisprüferinnen und -prüfer. Diese Problematik wird sowohl über Medienberichte als auch Fahrschulen und betroffenen Fahrschülerinnen und Fahrschüler immer wieder thematisiert. Im Hinblick auf die Situation bei der Abnahme der Fahrerlaubnisprüfung erscheint daher eine Aufhebung des Prüfungsmonopols durch die TP überlegenswert. So können weitere Überwachungsinstitutionen in einem staatlich regulierten Rahmen tätig werden – unter Wahrung eines qualitätsgesicherten Wettbewerbs.
Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung (2021-2025) wurde das Thema fehlender Prüfungskapazitäten aufgegriffen und vereinbart „das Monopol bei der Fahrerlaubnisprüfung unter Wahrung geltender Qualitätsstandards“ aufzuheben. Bisher kam es aufgrund der Positionierung einiger Bundesländer nicht zu einer solchen Öffnung. So wurde auf der Verkehrsministerkonferenz der Länder zwar beschlossen in einem ersten Schritt die Qualifikationsvoraussetzungen von Fahrerlaubnisprüfern zu überarbeiten. Erst in einem nächsten Schritt möchte sich die Verkehrsministerkonferenz mit der Neustrukturierung der Fahrerlaubnisprüfung beschäftigen. Es ist zwar zu begrüßen, dass die Qualifikationserfordernisse der Fahrerlaubnisprüferinnen und -Prüfer überarbeitet werden. So stellt sich z.B. die Frage, ob ein abgeschlossenes Ingenieurstudium tatsächlich eine notwendige Mindestanforderung sein muss, um eine Ausbildung zum Fahrprüfer überhaupt beginnen zu dürfen. Es gibt jedoch unabhängig davon keinen sachlichen Grund, bei diesen Reformen stehen zu bleiben und die bestehenden Gebietsmonopole der Technischen Prüfstellen nicht ebenfalls zu überdenken.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

  1. Welche Kenntnisse liegen dem Senat von oder über Fahrschulen, Fahrschülerinnen und Fahrschüler sowie Unternehmen in Bezug auf fehlende Prüfungstermine und damit verbundene lange Wartezeiten vor?
  2. Welche Informationen sind dem Senat bekannt, wie lange die durchschnittliche Wartezeit für einen praktischen Prüfungstermin zwischen Prüfungsreife des Fahrschülers oder der Fahrschülerin und Terminvergabe durch die Technische Prüfstelle ist? Welche Zeiträume sieht der Senat hierbei als vertretbar an?
  3. Welche Informationen liegen dem Senat zu volkswirtschaftlichen Kosten im Land durch die aktuelle Wartezeit zwischen Terminanfrage durch die Fahrschule und tatsächlicher praktischer Fahrerlaubnisprüfung vor und wie bewertet der Senat diese? Liegen dem Senat hierzu weitergehende Berechnungen vor? Falls ja, bitte aufgeschlüsselt nach Mehrkosten, insbesondere für Fahrschülerinnen und Fahrschüler (bspw. für regelmäßige Erhaltungsfahrten zur Aufrechterhaltung der Prüfungsreife), Fahrschulen, staatliche Organisationen und Unternehmen angeben.
  4. Welche Erkenntnisse liegen dem Senat zu Herausforderungen und Problemen vor, die sich möglicherweise aus langen Wartezeiten für die Akteure rund um die Fahrerlaubnisbefugnis ergeben, insbesondere für Fahrschulen (z.B. können keine neuen Fahrschüler mehr aufgenommen werden), staatliche und städtische Organisationen und Betriebe (z.B. Verlängerung der Ausbildungszeit bei (freiwilligen) Feuerwehren, Verkehrsbetrieben, etc.) sowie private Unternehmen (bspw. Notwendigkeit einer Fahrerlaubnisbefugnis zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bzw. zum Start einer Ausbildung; Fahrermangel, insbesondere im Güterverkehr)?
  5. In welchem Umfang haben sich in Bremen bei der Berufskraftfahrerausbildung und bei beruflichen Umschulungen zum Berufskraftfahrer die Zeiten bis zum erfolgreichen Abschluss durch fehlende Fahrprüfungstermine in den letzten 5 Jahren verlängert?
  6. Wie bewertet der Senat diese Erkenntnisse und folgert sie hieraus einen politischen Handlungsbedarf?
  7. Was sind aus Sicht des Senats die notwendigen Rahmenbedingungen und Anforderungen für eine Öffnung des Monopols bei der Fahrerlaubnisprüfung, um anderen qualifizierten Prüfungsorganisationen entsprechende Anerkennungen zu erteilen? Falls der Senat keinen Handlungsbedarf hierbei sieht, wie begründet der Senat diese Ansicht?
  8. Inwieweit plant der Senat eine Arbeitsgruppe oder Ähnliches einzurichten, um mit dem bestehenden Unternehmen, dass die TP im Land unterhält, sowie den amtlich anerkannten Überwachungsorganisationen in den Austausch zu gehen und anschließend bspw. festzulegen, wie eine zukünftige Prüfungsstruktur im qualifizierten Wettbewerb der Organisationen umgesetzt werden könnte? Falls nein, welche anderen Schritte plant der Senat, um die langen Wartezeiten für Prüfungstermine im Sinne der Bürgerinnen und Bürger sowie der Wirtschaft im Land einzudämmen?
  9. Welche Reformen hält der Senat für sinnvoll, um die formalen Zugangsvoraussetzungen für die Ausbildung zum Fahrerlaubnisprüferinnen- bzw. Fahrerlaubnisprüferin zu reformieren, um die Versorgung mit ausreichend Fahrerlaubnisprüferinnen und -prüfern sicherzustellen? Welche Position nimmt Bremen hier in der Verkehrsministerkonferenz ein? Wann ist mit der Umsetzung der angekündigten Reformschritte im Hinblick auf die Qualifikationsvoraussetzungen zu rechnen?