Wie kann unsere demokratische Gesellschaft in Bremen vor linksextremistischen Strömungen geschützt werden?

Große Anfrage der Fraktion der FDP.

Aufgrund wiederholter Vorkommnisse in Bremen ist es für die Ordnung und Sicherheit in unserem Lande entscheidend, dass wir als Politik und Gesellschaft Gewalt entschieden ablehnen und antidemokratischem Verhalten aktiv entgegentreten. 

Nicht erst nach den jüngsten Attacken auf Kirchen, Privateinrichtungen und Staatsgewalt stellt der Verfassungsschutz klar, dass Bremen eine Hochburg des Linksextremismus ist. Immer wieder wurde berichtet, dass es für die Polizei schwierig bis unmöglich sei, Straftäter aus dem Milieu linker Militanz zu fassen. Daneben aber sollte es das vorrangige Ziel sein, Radikalisierungen schon im Vorfeld durch aktives Handeln, Aufklärung und politische Bildung zu verhindern. 

Das allerdings ist keine einfache Aufgabe, denn bislang ist eine unabdingbare Grundlage, um präventive Ansätze verfolgen zu können, nicht geschaffen worden: Forschung rund um das Phänomen Linksextremismus fehlt im Land Bremen. Diese muss einerseits die bestehenden Strukturen beschreibend erfassen, anderseits aber auch die gesellschaftlichen Bereiche erfassen, die von Toleranz gegenüber linksextremistischen Akteuren und Taten geprägt sind. Dabei müssen klar abgrenzende Konturen zwischen links-demokratischen und links-extremistischen politischen Gruppen herausgearbeitet werden. Gewalttaten und alles, was auf Schwächung, Diskreditierung und Schädigung des Staates und der freiheitlich-demokratische Grundordnung zielt, müssen wir deshalb gerade in Bremen einer wissenschaftlich fundierten Untersuchung unterziehen. Forschungen zum Rechtsextremismus haben gezeigt, wie politische Akteure sich vernetzen, wie sie Nachwuchs rekrutieren und wie schrecklichste Anschläge vorbereitet werden. Entsprechend substantiell wurden für diesen Bereich des politischen Extremismus Präventionskonzepte erarbeitet. Für die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie aber ist es von entscheidender Bedeutung, alle Gegner der Demokratie und ihre Motivation zu kennen, um Radikalisierungen jeder Art zu verhindern, da sie zwangsläufig in gewalttätigen Auseinandersetzungen enden.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 

  1. Inwieweit teilt der Senat die Aussage, dass Bremen eine Hochburg des gewaltbereiten Linksextremismus ist?
  2. Welche Definition legt der Senat an, um zwischen einer (noch) demokratischen-linken Auffassung und einer linksextremistischen Auffassung Grenzen zu ziehen? 
  3. Welche sozialwissenschaftlichen Methoden werden in Bremen genutzt, um die Zahl der Menschen, die der linksextremistischen Szene zuzurechnen sind, einzuschätzen?
  4. Welche Formen der Sozialforschung sind nach Auffassung des Senats geeignet, um ein umfassenderes Bild der linksextremistischen Szene in Bremen zu gewinnen?
  5. Inwiefern bildet die vom Verfassungsschutz genannte Zahl an Linksextremisten in Bremen auch das Mobilisierungspotenzial der Szene ab? 
  6. Welche Kenntnis hat der Senat darüber, wie sich die linksextremistische Szene in Bremen zusammensetzt (Alter, Geschlecht, Herkunft, Bildungshintergrund)?
  7. Aus welchen Quellen bezieht der Senat diese Informationen? Inwieweit gibt es in Bremen hierzu passende Forschungsprojekte? Sollte es keine Forschungsprojekte hierzu geben, warum ist dies nicht der Fall?
  8. Welche Rückschlüsse lassen sich aus der Dokumentation von Zeitfenstern, an denen Angriffe linker Gewalt verübt wurden, ziehen? (Semesterferien, bestimmte Monate oder Tage, eher abends oder eher am Wochenende o. Ä.) und lassen diese Zeitfenster Rückschlüsse auf eine bestimmte Personengruppe zu?
  9. Gibt es Kenntnisse über die strukturelle Beschaffenheit der Community, d.h. Machtstrukturen und Formen der Vernetzung? Welche Rolle übernehmen Menschen mit hohem Aktivitätsgrad und welche haben Alt-Aktivisten?
  10. Hat der Senat Kenntnis von linksextremistischen Aktivitäten oder Gruppen an Universität und Hochschulen? 
  11. Gibt es Erkenntnisse, dass Schülerinnen und Schüler oder Studierende an den Hochschulen radikalisiert werden oder sich hier radikalisieren?
  12. Welche Rolle spielen welche Einrichtungen, Projekte, Selbstverwaltungsorgane, Zentren oder Läden im Prozess der Radikalisierung?
  13. Welche Erkenntnisse gibt es über szeneinterne Dynamiken in Bremen? Wie verlaufen Meinungsbildung und Entscheidungsprozesse innerhalb der Szene in Theorie und Praxis? Welche Formen der Mitgestaltung gibt es?
  14. Welche Rolle spielen die Plattformen indymedia, Inforiot oder Blackbox für die Neuanwerbung schon radikalisierter Personen und welche Rolle spielen diese bei der Radikalisierung von (noch) demokratisch gesinnten Personen? Wofür werden soziale Medien wie beispielsweise Instagram, Facebook, Twitter oder YouTube verwendet und wofür nicht?
  15. Inwiefern spielt die Rote Hilfe für das linke Gewaltspektrum Bremens eine stabilisierende Rolle, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Hilfe nur diejenigen bekommen, die sich „loyal“ – d. h. jegliche Zusammenarbeit mit Strafermittlungsbehörden zurückweisend – zu linksradikalen Szene verhalten?
  16. Welche Kenntnisse hat der Senat darüber, ob mit städtischen Ressourcen unterstützte alternative Kulturzentren allen Kulturschaffenden offenstehen? Falls die Zentren nicht allen Kulturschaffenden offenstehen, wer definiert nach welchen Kriterien den Ausschluss? 
  17. Wie steht der Senat zur Einführung einer Extremismusklausel auf Landesebene als Vorbedingung für den Erhalt staatlicher und städtischer Fördermittel? Sofern der Senat eine solche Klausel ablehnt, wie gedenkt der Senat zu verhindern, dass staatliche und städtische Mittel für Radikalisierung und/oder Straftaten, missbraucht werden? 
  18. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, die Kenntnisse verdeckter Ermittlungen der linken Szene in Staats- und Verfassungsschutz nutzbar zu machen, um Radikalisierungen präventiv zu begegnen?
  19. Haben wir ein feministisch-extremistisches Problem in Bremen und kann man aufgrund einer Häufung von Anschlägen von verfestigten Strukturen linker Gewalt in Bremen sprechen? 
  20. Welche Forschungsstudien nutzt der Senat, um tiefere Kenntnis über Dynamik und Zugang zur gewalttätigen linken Szene zu erhalten? Welche hat er selbst in Auftrag gegeben?
  21. Welche Kenntnisse hat der Senat über die Attraktivität von gewaltverherrlichender linksgerichteter Musik, wie z. B. von den Gruppen „Zusamm-Rottung“ oder „Boykott“ etc. auf die demokratische Linke Jugend?
  22. Für welchen Personenkreis sind linksgerichtete Hasstexte, die durch Hass gegenüber Polizei und Staatsgewalt gekennzeichnet sind, anziehend?
  23. Welche konkreten Projekte und Initiativen gibt es in welchen Bereichen im Land Bremen zur Prävention vor Linksextremismus?
  24. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, auf Sympathisanten und Zuschauer linker Militanz präventiv einzuwirken?
  25. In welchen gesellschaftlichen Institutionen (Kirchen, Unternehmen, NGOs, Kulturinitiativen, Vereinen und Stiftungen) findet in Bremen eine Auseinandersetzung mit Linker Gewalt und Linksextremismus statt?
  26. Wie hoch sind in den letzten 5 Jahren die gesamten Fördermittel des Landes Bremen für die Extremismus-Forschung gewesen? Wie viele Gelder sind vom Bund in diese Forschungsbereiche nach Bremen geflossen? 
  27. Wie haben sich diese unter den verschiedenen Extremismus-Formen jeweils aufgeteilt?
  28. Nach welchen Kriterien wurden die Fördergelder für Extremismus-Forschung in die einzelnen Bereiche aufgeteilt?
  29. Wie viele der Forschungsprojekte zum Linksextremismus sind empirischer Natur?
  30. Sieht der Senat die Möglichkeit, über private Finanzierung eine ergänzende Förderung zum Thema Linker Militanz/Linksextremismus/Linke Gewalt beim Bundesbildungsministerium zu erwirken?
  31. Wie haben sich in Bremen die Ausgaben für die Linksextremismus-Forschung von 2010 bis heute entwickelt?
  32. Wie steht der Senat zu der Forderung, dass Ressourcen des Landes generell nur Personen und Gruppierungen zur Verfügung gestellt werden können, die sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung schriftlich bekennen?