Landesgesundheitsbericht weiterentwickeln: Geschlechtersensible Medizin und gleichbe-rechtigte Gesundheitsversorgung stärker in den Fokus nehmen

Antrag der Fraktion der FDP Bremen.

Die personalisierte Medizin hat in den vergangenen Jahren erhebliche Fortschritte gemacht. Es gibt nicht nur ein stärkeres Bewusstsein für Geschlechterunterschiede, sondern auch neue Herange-hensweise an Gesundheitsfragen und innovative Versorgungskonzepte, die die individuellen Be-dürfnisse von zu behandelnden Personen in den Vordergrund stellen.
Fest steht und darin sind sich die Gesundheitsfachkräfte einig: Je passgenauer die gesundheitliche Versorgung ist, desto geringer ist die Gefahr einer Fehlversorgung.

Mittlerweile ist bekannt, dass geschlechterspezifische Unterschiede zum Teil deutliche Auswirkungen auf Symptome bei ein- und derselben Krankheit oder auf die Wirkung von Medikamenten haben können. Auch mit Blick auf eine differenzierte Behandlung ist es deshalb unabdingbar zu wissen, ob und welche Geschlechterspezifika bei Krankheiten vorhanden sind.

Trotz dieser Erkenntnis findet das Geschlecht in medizinischen Studien und Leitlinien, aber auch in der Diagnostik und Gesundheitsversorgung noch keine ausreichende Berücksichtigung. Zu lange überwog der männlich geprägte Ansatz in der Medizin; Erkenntnisse wurden dabei einfach vereinheitlicht und auf alle Geschlechter übertragen.

Diese Gleichbehandlung war und ist zumindest in der Medizin und Gesundheitsversorgung nicht zielführend. Vielmehr hat sie zur Benachteiligung von Frauen geführt und spezifische Bedarfe quee-rer Menschen oft ausgeblendet. Die Folgen, wie verzögerte Diagnosen und damit einhergehend die Gefahr nicht adäquater Prävention oder Versorgung, zeigen, sich noch immer. So haben Frauen bei bestimmten Medikamenten stärkere Nebenwirkungen, weil sich die Dosierungsvorgabe an der männlichen Durchschnittsperson orientiert.

Auch Forschungsschwerpunkte sind weiterhin nicht ausgewogen zwischen den Geschlechtern verteilt. Wie wichtig mehr Wissen über Frauengesundheit ist, zeigt beispielhaft die Erkrankung En-dometriose, an der schätzungsweise 10 bis 15 Prozent aller Frauen im gebärfähigen Alter leiden. Betroffene Patientinnen müssen oft jahrelang auf eine Diagnose warten. Neue Forschungsverbünde wollen nun dazu beitragen, dass die Krankheit schneller erkannt und behandelt wird.
Im Gegensatz dazu ist beispielsweise Osteoporose eine Krankheit, die bei Männern häufig erst spät erkannt wird, weil sie als Frauenkrankheit gilt.

Doch wie gelingt es, biologische und soziokulturelle Unterschiede zukünftig stärker zu berücksich-tigen?

Gesundheitsfachkräfte fordern, dass bei Forschungsvorhaben Daten geschlechterspezifisch erho-ben und analysiert werden sollten. Auch sollten Berichte regelhaft nach Geschlechtern aufge-schlüsselt werden, weil nur so Datenlücken systematisch geschlossen werden können. Zudem ist zu diskutieren, wie geschlechtliche Vielfalt und damit verbundene Bedarfe noch besser in die Ge-sundheitsberichterstattung einfließen können.

Für Bremen und Bremerhaven liefert der Landesgesundheitsbericht bereits wichtige Daten und Er-kenntnisse, um Handlungsempfehlungen zur Weiterentwicklung des bremischen Gesundheitswe-sens abzuleiten. So ist unter anderem der enge Zusammenhang von Gesundheit und sozialer Lage eine Erkenntnis aus dem kürzlich vorgestellten Landesgesundheitsbericht 2024.

Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll und geboten, die Themenfelder des Berichts und die bereits vorhandenen kleinräumigen Analysen geschlechtersensibler weiterzuentwickeln und den Einfluss des Geschlechts auf die Gesundheit bei den Betrachtungen stärker in den Fokus zu nehmen.

Zudem hat sich die Gesundheitssenatorin zum Ziel gesetzt, gesundheitliche Ungleichheiten abzu-bauen. Eine gute medizinische Versorgung hat immer auch das Geschlecht zu berücksichtigen. Die Weiterentwicklung des Landesgesundheitsberichts bietet die Chance, die Unterschiede nicht nur bei der Entstehung von Krankheiten, sondern auch bei der Erhaltung von Gesundheit aufzuzeigen und flächendeckend weitere wichtige Informationen für die Akteure im Gesundheitswesen und für das politische Handeln im Land Bremen zu liefern.

Die Bremische Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

Die Bremische Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf:

  1. geschlechts- und gendersensible Gesundheit mit einer differenzierten Berichterstattung im Landesgesundheitsbericht stärker zu berücksichtigen.
  2. zu prüfen, inwieweit der Landesgesundheitsbericht um die Fokusfelder Frauen- und Mäd-chengesundheit sowie queere Gesundheit und ihre besonderen Lebenslagen ergänzt wer-den kann.
  3. der staatlichen Deputation für Gesundheit, Pflege und Verbraucherschutz binnen sechs Monaten nach Beschlussfassung über die Umsetzung zu berichten.