Kinder stärken, Zukunft sichern! Die Stadt Bremen braucht einen Kinderbeauftragten

Antrag der Fraktion der FDP.

„Jedes Kind hat ein Recht auf Entwicklung und Entfaltung seiner Persönlichkeit, auf gewaltfreie Erziehung und den besonderen Schutz vor Gewalt, Vernachlässigung und Ausbeutung. Die staatliche Gemeinschaft achtet, schützt und fördert die Rechte des Kindes und trägt Sorge für kindgerechte Lebensbedingungen.“ (§ 25 der Bremischen Landesverfassung)

In Bremen wurden die Kinderrechte 2003 in der Landesverfassung verankert. Das Land hat damit elf Jahre nach Deutschlands Unterzeichnung der UN-Kinderrechtskonventionen nachdrücklich deutlich gemacht, welchen herausragenden Status es den Kinderrechten beimisst. Auf der gesetzlichen Ebene haben die Rechte und Interessen von Kindern damit den Stellenwert, den sie verdienen. Allein Bremerhaven hat den Worten auch Taten folgen lassen: Als eine von ca. 100 der insgesamt 11.000 Kommunen in Deutschland hat die Stadt die Stelle eines Kinderbeauftragten eingerichtet, damit man den Rechten von Kindern auf soziale Sicherheit, auf Bildung und auf Partizipation auch in unserer Gesellschaft gerecht wird. Die Stadt Bremen hat hier Nachholbedarf.

Bremen 2020: Die Kinderarmut hat ein erschreckendes Ausmaß erreicht. Fast jedes dritte Bremer Kind lebt in einem Haushalt, der auf Hartz IV-Leistungen angewiesen ist. Mehr als 1000 fehlende Kita-Plätze bedeuten, dass mehr als 1000 Kinder über Jahre von frühkindlicher Bildung ausgeschlossen sind. Der stockende Ganztagsschulausbau erschwert allen Familien, besonders aber Alleinerziehenden, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Bildung ist der Schlüssel zur Überwindung von Armut – Bremen aber hat seit Jahren ein Abo auf die letzten Plätze der nationalen und internationalen Bildungsvergleiche und auch die Zieldefinition, mindestens ins Mittelwelt vorrücken zu wollen, fehlt. Die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss ist erschreckend hoch, die Ausbildungsquote entsprechend gering.

Kindeswohlgefährdendes Verhalten, körperliche und seelische Gewalt, Inobhutnahmen und sexueller Missbrauch von Minderjährigen sind Teil einer traurigen Realität auch Bremer Kinder, Hunger und fehlende Kleidung kommen hinzu.

Allein die Aufnahme der Kinderrechte in die Landesverfassung also ist kein Garant dafür, dass diese auch umgesetzt werden. Bremen wird kinderreicher und damit steigt die Unterversorgung mit Kitas, gut ausgestatteten Schulen, Freizeitangeboten und einem nachhaltigen Kinderschutz. Es gibt viele sinnvolle Einzelprojekte, die sich – oft mit vielen ehrenamtlichen Helfern – in den Stadtteilen auf ganz unterschiedliche Weise um Kinder und ihre Rechte kümmern. Die ausbaufähige Idee der Jugendbeiräte kann als ein deutliches Signal der Stadt gewertet werden, die international vereinbarten Kinderrechte tatsächlich angemessen umsetzen zu wollen. Und doch fehlt es an einer nachhaltigen Strategie zur Bekämpfung von Kinderarmut und zur Entwicklung einer kindgerechten Stadt. Zwar diskutierte Bremen jüngst die Zukunft des Stadtzentrums und debattiert immer wieder die autofreie Innenstadt, wie aber eine kinder- und familienfreundliche Stadt aussehen kann, thematisiert sie nicht.

Es bedarf deshalb – 17 Jahre nach der Aufnahme des § 25 in die Landesverfassung – einer übergeordneten Stelle, die sich dauerhaft und mit Nachdruck für die Rechte und Bedürfnisse von Kindern in der Stadt Bremen einsetzt. Der Umgang mit den besonderen Förder-, Schutz- und Beteiligungsrechten von Kindern während der Corona-Pandemie zeigt, dass die Jüngsten in unserer Gesellschaft noch immer nicht den Stellenwert haben, den sie verdienen. Der Kinderbeauftragte muss zu einer Institution werden, die bei allen städtischen Entscheidungen gehört wird, die überbehördlich bei der Durchsetzung der Kinderrechte unterstützt und die für die Kinder und Jugendlichen selbst zur Anlaufstelle wird. Kinder sind die Zukunft der Stadt und diese Zukunft braucht eine starke Lobby, die den Themen Kinderrechte, Ausbau und Verbesserung der Betreuungs- und Bildungsstruktur, Chancengleichheit aller Kinder und Jugendlichen, Vereinbarkeit von Familien und Beruf, kinderfreundliche Stadt, Schutz vor körperlicher und seelischer Gewalt, Recht auf Partizipation permanent Gehör verschafft.

Die Stadtbürgerschaft möge beschließen:

Die Stadtbürgerschaft fordert den Senat auf, die Position eines Kinderbeauftragten als Bindeglied zwischen Verwaltung und Politik in der Verwaltungsspitze einzurichten und so auszustatten, dass die Rechte und Interessen der Kinder und Jugendlichen der Stadt Bremen gemäß der UN-Kinderrechtskonvention von 1989 tatsächlich gewahrt werden.