„First in – Last out“ – Überbrückungsmaßnahmen und Förderprogramme für die Veranstaltungswirtschaft zielgenau ausrichten!
Antrag der Fraktion der CDU und der FDP.
Seit den ersten beschränkenden Maßnahmen aufgrund der Corona-Pandemie sind mittlerweile über sechs Monate vergangen. Der Bund, die Länder und der Bremer Senat haben in den folgenden Wochen und Monaten schnell und entschlossen gehandelt, um die Folgen der Pandemie für die Wirtschaft so gering wie möglich zu halten. Ohne vergleichbare historische Vorbilder wurden Hilfsprogramme aufgelegt und unter hohem Zeitdruck – wenn auch nicht ohne Komplikationen – ausgezahlt. Innerhalb von nur sieben Wochen wurden im Frühjahr 2020 über 12.000 Anträge aus der Soforthilfe des Bundes und des Landes durch die Bremer Aufbaubank, die Wirtschaftsförderungen Bremen (WFB) und die zuständigen Stellen bei der Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa bearbeitet. Diese enormen Anstrengungen haben maßgeblich dazu beigetragen, dass die Gesamtwirtschaft in Bremen und Bremerhaven insgesamt gut durch die Krise gekommen ist.
Viele Unternehmen können nach der Rücknahme der größten Einschränkungen nun wieder ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen. Dennoch gibt es nach wie vor Unternehmen bzw. ganze Branchen, die aktuell noch nicht wieder wirtschaftliche tätig sein dürfen – geschweige denn kostendeckend arbeiten können. Dazu zählt insbesondere die Veranstaltungswirtschaft mit ihren vor- und nachgelagerten Bereichen. Für diese Branche gilt „First in – Last out“. Für die gesamte Bundesrepublik Deutschland macht die Veranstaltungswirtschaft – als sechstgrößter Wirtschaftszweig insgesamt – einen Anteil von 130 Mrd. Euro Umsatz und mindestens 1 Mio. Beschäftigten aus. Auch für Bremen und Bremerhaven hat die Eventbranche eine nicht zu unterschätzende Stellung. Konzerte, Veranstaltungen, Ausstellungen und Messen ziehen ein überregionales Publikum, das wiederum durch touristische Besuche weitere Sekundärumsätze auslöst. Zu Recht bildet die touristische Entwicklung der Stadtgemeinden einen Schwerpunkt in der strategischen Wirtschaftsförderung des Senats. Nicht zu unterschätzen ist auch die enge Verzahnung der Veranstaltungswirtschaft und der Kulturszene. Beide Bereiche ergänzen sich und profitieren voneinander.
Von Beginn an war klar, dass die Soforthilfen des Bundes und des Landes nur eine erste Notmaßnahme sein können. Für eine dauerhafte Wirkung war ihr Umfang zu gering und ihre Wirkweise zu unspezifisch, weil sie den Bedürfnissen möglichst vieler Unternehmen gerecht werden mussten. Für die daran anschließenden Überbrückungshilfen des Bundes gilt, dass sie konstruktionsbedingt die spezifischen Probleme von Branchen wie der Veranstaltungswirtschaft nicht vollständig lösen. Solo-Selbständige, wie z.B. Bühnentechniker, sind durch die Nicht-Berücksichtigung des Unternehmenslohns betroffen. Für mittelständische Event-Agenturen mit viel „totem Kapital“ stellt die Limitierung der Überbrückungshilfen auf max. 50.000 Euro pro Monat ein Problem dar, weil sie vielfach höhere Fixkosten haben. Um die Veranstaltungswirtschaft mit ihrer Ankerwirkung zu erhalten und auch nach der Corona-Pandemie wirtschaftliche Tätigkeit zu ermöglichen, muss daher das Land selbst aktiv werden. Der Senat hat am 28.04.2020 die Einrichtung eines „Bremen-Fonds“ zur Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie im Land Bremen mit einem Volumen von zunächst 1,2 Mrd. Euro (900 Mio. Euro Land und 300 Mio. Euro Stadt) beschlossen. Der Bremen-Fonds und seine Konzeption wurden im Rahmen der Haushaltsberatungen 2020 durch die Bremische Bürgerschaft beschlossen.
Mit diesem Beschluss verfügt das Land über die Möglichkeit, um bestehende Förderlücken schließen und eigene Schwerpunkte zu setzen. Konkret geht es um eine Aufstockung der Überbrückungshilfen des Bundes. Ziel muss es sein, die Veranstaltungsbranche so lange abzusichern, wie die Betriebe Umsatzeinbußen von über 60 % verzeichnen. Im Anschluss wird ein Konjunkturimpuls für die Branche notwendig, da Veranstaltungen in vielen Fällen zunächst nicht kostendeckend durchgeführt werden können. In Österreich gibt es zum Beispiel eine Art Risiko-Fonds, der die Kosten von An- und Vorauszahlungen vorstreckt und dann eintritt, wenn eine Veranstaltung wegen neuer Corona-Beschränkungen nicht durchgeführt werden kann. Findet die Veranstaltung statt, muss der Fonds nicht angerührt werden und die bereits geleisteten Anzahlungen fließen an ihn zurück. Ein anderes Unterstützungsmodell sieht eine direkte Bezuschussung von Veranstaltungen, Initiativen oder Unternehmen vor. Hier sammelt Bremen mit dem Projekt „Club 100“ bereits erste Erfahrungen. Dieser Ansätze müssen weiterverfolgt bzw. ausgedehnt werden. Schließlich sollten das Land Bremen und seine beiden Stadtgemeinden mit ihren Eigen- und Beteiligungsbetrieben die Hürden für die Durchführung von Veranstaltungen, soweit es das Infektionsgeschehen zulässt, absenken sowie die Vergabe öffentlicher Aufträge nach Möglichkeit vorziehen.
Die Bremischer Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:
Die Bremischer Bürgerschaft (Landtag) stellt fest, dass die Veranstaltungswirtschaft in Bremen und Bremerhaven ist mit ihren angeschlossenen Unternehmen, Gewerken, Solo-Selbstständigen und Beschäftigten von den Beschränkungen in Folge der Corona-Pandemie besonders hart getroffen ist. Sie erkennt an, dass die bisherige Förderkulisse des Bundes und der Länder den speziellen Erfordernissen der Branche nicht vollständig Rechnung trägt.
Die Bremische Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf,
- aus den Mitteln des „Bremen-Fonds“ Förderlücken in den bestehenden Bundesprogrammen zu schließen und dabei insbesondere
- bei der Bremer Aufbau-Bank (BAB) ein Zuschussprogramm aufzulegen, das auch einen (fiktiven) Unternehmerlohn mit gestaffelten Festbeträgen erstattet, der sich an den Umsatzeinbrüchen des jeweiligen Fördermonats bemisst, sowie in begründeten Fällen auch eine Förderhöhe von über 50.000 Euro pro Monat ermöglicht;
- beim Betriebsmittelkredit Corona-Krise der BAB eine Kreditlaufzeitverlängerung auf bis zu 15 Jahre sowie eine Flexibilisierung des Tilgungsbeginns einzuführen;
- bei der Bremer Aufbau-Bank (BAB) ein Zuschussprogramm aufzulegen, das auch einen (fiktiven) Unternehmerlohn mit gestaffelten Festbeträgen erstattet, der sich an den Umsatzeinbrüchen des jeweiligen Fördermonats bemisst, sowie in begründeten Fällen auch eine Förderhöhe von über 50.000 Euro pro Monat ermöglicht;
- ebenfalls aus den Mitteln des „Bremen-Fonds“
- einen „Risiko-Fonds“ bei der BAB aufzulegen, der Voraus- und Anzahlungen für Veranstaltungen im laufenden und im kommenden Jahr vorschießt und einspringt, wenn die Veranstaltung aufgrund neuer Corona-Verfügungen doch abgesagt werden muss;
- ein Programm zur Förderung und Erhaltung von Veranstaltungsräumen, insbesondere der Clubszene, im Land Bremen aufzulegen.
- einen „Risiko-Fonds“ bei der BAB aufzulegen, der Voraus- und Anzahlungen für Veranstaltungen im laufenden und im kommenden Jahr vorschießt und einspringt, wenn die Veranstaltung aufgrund neuer Corona-Verfügungen doch abgesagt werden muss;
- bei der WFB einen festen Ansprechpartner für die Unternehmen der Veranstaltungswirtschaft in Bremen und Bremerhaven einzurichten, der den Unternehmen einerseits bei der Beantragung von Fördermitteln hilft und andererseits mit Ihnen in einen kontinuierlichen Dialog tritt. Der Deputation für Wirtschaft und Arbeit ist aus diesem Dialog laufend zu berichten.
- in der Verwaltung sowie der Eigen- und Beteiligungsbetriebe Projekte zu identifizieren, die durch die Unternehmen der Veranstaltungswirtschaft durchgeführt, zeitlich vorgezogen werden und damit einen liquiditäts- bzw. beschäftigungssichernden Effekt erzielen können.
- den parlamentarischen Gremien so schnell wie möglich einen entsprechenden Antrag auf Mittel aus dem „Bremen-Fonds“ vorzulegen, der die finanziellen Bedarfe für die o.g. Maßnahmen darlegt, die Ausgaben entlang der vereinbarten Prüfkriterien begründet, die Details der Förderung regelt und wettbewerbsrechtlich absichert.