Fehlen mehr Kita-Plätze als je zuvor? Behörde muss endlich transparent planen!

Aktuelle Stunde der Fraktion der FDP.

Mit Spannung wurde in der Deputation für Kinder und Bildung die Vorlage „Planung des Kindergartenjahres 2021/22 – Auswertung der Statusberichte II der Träger“ (VL G 153/20) erwartet. Jährlich wiederkehrend führt der Statusbericht II den Abgleich zwischen den verfügbaren und den bestätigten Platzzusagen bezogen auf das kommende Kindergartenjahr beginnend am 1. August vor. Er gibt an, wie viele Kinder nach der Anmeldung im Januar tatsächlich zum Schuljahresbeginn einen Kita-Platz bekommen, damit also an frühkindlicher Bildung in Gemeinschaft partizipieren dürfen, und wie viele nicht. Eine einfache Rechnung zwischen Angebot und Nachfrage, die sich aber in der genannten Vorlage zum Ratespiel für Fortgeschrittene wandelt. Zwischen zugesagten Plätzen sowie doppelten Wartelisten in Behörde und Kitas gerät schnell aus dem Blick, wer tatsächlich ab August eine Kita besuchen kann. Für das städtische Platzangebot im Kita-Jahr wird mit vorhandenen Plätzen ebenso gerechnet wie mit Plätzen, die bis zum 1. August 2021 noch eröffnet werden und solchen, die noch bis 31.7.2022 entstehen werden, also faktisch erst in mehr als einem Jahr.

Der WK-Bericht „CDU rechnet mit 2200 fehlenden Kita-Plätzen“ vom 29. Juni 2021 führt das Dilemma vor Augen. Ein übersichtliches Zahlenwerk sollte in der Behörde selbst eine solide Bedarfsplanung ermöglichen und gleichzeitig der Öffentlichkeit nachvollziehbar und transparent darstellen, ob die Stadt ihren Pflichten nachkommt und im vorliegenden Fall den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem 1. Lebensjahr umsetzt. Der vorliegende Statusbericht II wird mit der bunten Mischung aus faktisch angemeldeten Kindern und vollmundig versprochen Plätzen, die in den nächsten 12 Monaten entstehen könnten, diesem Anspruch nicht gerecht. Was auf der Basis nachvollziehbarer Zahlen ein klares Bild von der aktuellen Betreuungslandschaft in der Hansestadt aufzeigen sollte, lässt nicht mehr als Annahmen zwischen Wunsch und Wirklichkeit für die kommenden 12 Monate zu.

Das ist nicht nur in hohem Maße unprofessionell, es ist gegenüber den Kindern und Familien dieser Stadt extrem unehrlich. Keinem heute dreijährigem Kind nützt ein Kita-Platz in einer Kita, die möglicherweise im Juli 2022 eröffnet wird. Faktisch bedeutet es, dass es vorerst zumindest für ein Jahr nicht in die Kita gehen kann und damit von frühkindlicher Bildung im sozialen Miteinander mit Gleichaltrigen ausgeschlossen bleibt. Es bedeutet auch, dass mindestens ein Elternteil – die Statistik zeigt, dass es in der Regel die Mütter sind – keine Erwerbsarbeit aufnehmen bzw. die Aufnahme nicht zuverlässig planen kann, was die wirtschaftliche Situation vieler Familien extrem strapaziert. Die Stadt setzt nicht nur einen seit 2008 geltenden Rechtsanspruch nicht um, sie nimmt die strukturelle Benachteiligung von Kindern und Eltern in Kauf. 

Im jahresübergreifenden Vergleich lag seit der Einführung der Verwaltungssoftware [Ki·ON] für alle Formate und Träger der Kindertagesbetreuung kein Statusbericht so spät vor und war gleichzeitig so unübersichtlich wie die Vorlage „Planung des Kindergartenjahres 2021/22 – Auswertung der Statusberichte II der Träger“ (VL G 153/20). Eine schlechte Neuorganisation des Digitalisierungsprozesses des Anmelde- und Aufnahmeverfahrens hat im Hintergrund für erhebliche Unruhe gesorgt. Nach Jahren zunehmender Transparenz existieren nun wieder trägerinterne Warteliste für Kitas, was der ohnehin angespannte Betreuungslandschaft in Bremen zusätzliche Unübersichtlichkeit verschafft. Das ist gegenüber den Kindern und Familien, deren Lebensgestaltung von Kitaplätzen abhängig ist, verantwortungslos. Städtische Probleme in der Betreuungslandschaft präzise zu benennen, ist Grundlage für eine lösungsorientierte Politik, deren Ziele die Teilhabe an frühkindlicher Bildung für die Jüngsten und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind.