Die Lasten des Coronavirus für die bremische Wirtschaft mildern – Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge endlich abschaffen.

Dringlichkeitsantrag der Fraktion der FDP.

Die Verbreitung der aktuellen Form des Coronavirus setzt die deutsche Wirtschaft massiv unter Druck. Noch sind die genauen Auswirkungen unklar, aber die Kursstürze an der Frankfurter Börse geben Anlass zur Sorge. Wirtschaftsexperten warnen davor, dass Deutschland durch die Auswirkungen des Coronavirus in eine Rezession rutschen könnte.

Durch die hohe Abhängigkeit vom Außenhandel ist die bremische Wirtschaft besonders von der weltweiten Ausbreitung des Coronavirus betroffen. Die bremischen Häfen wickeln allein mit China Waren im Gesamtwert von mehr als 2,5 Mrd. Euro ab. Derzeit berichten bereits Firmen in Bremen von massiven Einschränkungen ihrer normalen Geschäftstätigkeit. Die massenhafte (häusliche) Quarantäne, wie sie bereits in Italien oder in Teilen Brandenburgs angeordnet wurde, könnte in der Zukunft notwendig werden, um die weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern oder zumindest zu verlangsamen. Gleichzeitig würde eine solche massenhafte Quarantäne die bremische Wirtschaft unter Druck setzen.

Um Firmen in Bremen und Deutschland von den möglichen Folgen unverschuldeter Schieflagen zu entlasten, werden auf Bundesebene bereits eine Reihe von wichtigen Maßnahmen diskutiert. Eine weitere Maßnahme ist die Abschaffung der Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge, die insbesondere kleine und mittlere Unternehmen entlasten würde.

2005 wurde die Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge in Deutschland neugeregelt. Statt wie vorher am 15. Tag des Folgemonats, müssen die Sozialversicherungsbeiträge seitdem am drittletzten Banktag des gegenwärtigen Monates entrichtet werden. Hintergrund war ein akuter Liquiditätsmangel bei den Sozialversicherungen, der ausgeglichen werden musste. Seit dieser Umstellung sind die Unternehmen grundsätzlich verpflichtet, die Beiträge des restlichen Monats zu schätzen und bei der nächsten Überweisung mit zu verrechnen. Es finden also zwölf Schät- zungen inklusive Überweisungen sowie zwölf Abrechnungen statt.

Die 1,9 Mio. von der Regelung betroffenen Unternehmen werden dabei jährlich mit durchschnittlich 750 Euro belastet. Daraus ergibt sich ein jährliche Erfüllungsaufwand von etwa 1,5 Mrd. Euro für die Wirtschaft in Deutschland. Besonders betroffen sind die Unternehmen, die die Abrechnung eigenständig durchführen. Gerade in kleineren Betrieben, wie häufig im Handwerk, sind dies regelmäßig die Inhaberinnen und Inhaber, die diese Abrechnungen durchführen. Sie leiden unter der hohen Komplexität des Abrechnungssystems.

Zwar ist es seit 2016 für viele Unternehmen möglich, das sogenannte vereinfachte Beitragsver- fahren zu nutzen. Dieses Verfahren ermöglicht die Nutzung der Summe des Vormonats, um dann etwaige Differenzen mit der nächsten Monatszahlung zu verrechnen. Gleichwohl machen noch viele Unternehmen entweder von kombinierten Verfahren oder aber vom besonders komplizierten Schätzverfahren Gebrauch. Dies betrifft insbesondere die Unternehmen, deren Lohnsummen nicht konstant sind.

Neben dem hohen bürokratischen Aufwand ist aber auch die Liquidität der Unternehmen betrof- fen. So strecken Unternehmen die Sozialversicherungsabgaben vor und müssen diese schlimms- tenfalls über Kredite finanzieren, sofern etwa Kundinnen und Kunden ihre Rechnungen noch nicht bezahlt haben. Auch deswegen sehen viele Unternehmerinnen und Unternehmer die Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge kritisch und würden eine Rückkehr in das System vor der Änderung im Jahr 2005 begrüßen.

Größte Hürde bei der Umsetzung eines neuen Verfahrens ist ein möglicher Liquiditätsmangel bei den Sozialversicherungen. Zwar sind die Liquiditätsrücklagen der Sozialversicherungskassen insgesamt unkritisch (bei der Rentenversicherung sind dies etwa 1,7 Monatsausgaben, also rund 40 Mrd. Euro), aber es besteht die Befürchtung, dass es bei einer weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage schnell zu einem Liquiditätsengpass bei den Sozialversicherungen kommen. Abhilfe hier könnte ein Modell schaffen, bei dem eine Jahresvorauszahlung eines Elftel der Sozialversicherungsbeiträge des Vorjahres die Möglichkeit für ein Unternehmen sichert, ihre Beitragsabrechnung wieder am 15. Tag des Folgemonats durchzuführen.

Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf,

  1. über eine Bundesratsinitiative darauf hinzuwirken, dass die Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge zurückgenommen wird und die Fälligkeit der So- zialversicherungsbeiträge wieder auf den 15. Tag des Folgemonats festge- setzt wird. Dabei soll ein Modell berücksichtigt werden, dass die Liquidität der Sozialversicherungen sichert, indem beispielsweise eine Jahresvorauszahlung in Höhe eines Elftel der Sozialversicherungsbeiträge des Vorjahres geleistet werden muss,
  2. der Bürgerschaft (Landtag) innerhalb von zwei Monaten nach Beschlussfas- sung zu berichten