Soziale Ungleichheit im Bremer Schulsystem spitzt sich zu – Personalkonzept birgt enorme Herausforderungen für Schulen 

Hauke Hilz: „Die Lehrkräftesicherung im Land Bremen steht weiterhin auf der Kippe und gefährdet damit die Umsetzung des Rechtsanspruchs. Die Herausforderungen für Eltern und Familien werden enorm.“

In der heutigen Sondersitzung der Deputation für Kinder und Bildung hat die Senatorin für Kinder und Bildung das „Kurz- und mittelfristige Personalversorgungskonzept Schule für das Land Bremen“ zur Diskussion gestellt und kommt damit einem Bürgerschaftsbeschluss vom März 2022 (Drs. 20/1365) nach. Das Konzept soll der Lehrkräftesicherung dienen und den Aspekt der multiprofessionellen Teams an Schulen in die Bedarfsplanung aufnehmen. Damit legt das Land Bremen erstmals eine umfassende Grundlage zur Ableitung von Personalbedarfen im Bereich Schule vor. Die senatorische Behörde geht von einem Anstieg der Schülerinnen- und Schülerzahlen bis 2030 um 11% aus, was 5.500 mehr Schülerinnen und Schülern entspricht und einem Mehrbedarf von mehr als 3000 Lehrkräften im Land gleichkommt, im Inklusionsbereich steigt der Bedarf von aktuell 180 Lehrkräfte auf ca. 450 an. Kalkuliert wird auch der kommende Rechtsanspruch auf einen Ganztagsschulplatz in der Grundschule, eine Ausweitung des Ganztags auf höhere Klassen sieht die Planung nicht vor. 

Dazu äußert sich der bildungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Dr. Hauke Hilz, wie folgt: „Ich freue mich, dass der Senat endlich eine belastbare Personalbedarfsplanung auf der Basis realistischer Zahlen vorlegt. Wir haben diese als Opposition lange eingefordert, für den Bereich Kita fehlt sie noch immer und ist hoffentlich der nächste Schritt. Positiv ist, dass sich der Senat endlich dem Thema multiprofessionelle Team stellt und auch dafür die Bedarfsplanung vorlegt. Für die Erstellung der vorgelegten Planung bedanke mich ausdrücklich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der senatorischen Behörde.

Bei dem Blick auf die Zahlen wird mir jedoch angst und bange. Die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Personalgewinnung sind alle gut und richtig, dass sie allerdings den Bedarf tatsächlich jemals decken werden, sehe ich nicht.Inklusion kann nur mit Fachpersonal gelingen, dieses fehlt schon heute an allen Ecken und Enden. Wie der Bericht darstellt, wird es auch zukünftig schwerlich gelingen, hier ausreichend Fachkräfte für die eher steigenden Bedarfe auszubilden und einzustellen.

Mit Blick auf die Zahlen ist absehbar, dass sich die soziale Ungleichheit im Bremer Schulsystem zuspitzen wird. Hamburg konnte durch einen massiven Ausbau der Ganztagsschulkapazitäten beim Bereich Grundschule und Sekundarstufe 1 die Bildungsergebnisse deutlich steigern und mehr Kinder auch aus schweren Lagen einen soliden Bildungsweg eröffnen. Diese Hoffnung nimmt mir der Bericht für das Land Bremen – was mich mehr als schockiert. Wie schon im Kita-Bereich müssen wir uns darauf einstellen, dass der Senat den Rechtsanspruch auf einen Ganztagsschulplatz nicht umsetzen kann, auf eine Ausweitung des Angebots auch an weiterführenden Schulen dürfen wir vergeblich hoffen.

Wenn wir uns vergegenwärtigen, dass die aufwachsenden Schülerinnen und Schüler- und Personalzahlen auch faktische Räume zum Lernen brauchen, spitzt sich die Lage sehr kritisch zu. Schon jetzt platzen unsere Schulen aus allen Nähten, es fehlen Differenzierungsräume und Arbeitsplätze für Lehrerkräfte. Bei einem Sanierungsstau von rund einer Milliarde Euro muss zusätzlich in Aus- und Neubauten investiert werden, um Lernräume zu schaffen.

Ehrlich gesagt, fehlt mir im Moment die Vorstellungskraft, wie sich das Land Bremen diesen Herausforderungen stellen will und ich bin sehr gespannt, welchen Maßnahmenplan man uns vorlegt, um die schlimmsten Folgen abzumildern. Wir brauchen eine ehrliche Kommunikation gegenüber den Familien. Sie müssen wissen, welche Herausforderungen auf Sie und ihre Kinder zukommen.“