Stärkung der internationalen Hafenkooperationen: Partnerschaft der bremischen Häfen mit dem Hafen Taichung/Taiwan im Bereich Digitalisierung, Offshore-Logistik und Smart-Port-Technologien
Dringlichkeitsantrag der Fraktion der FDP Bremen.
Der Seehandel bildet das Rückgrat der deutschen Außenwirtschaft: Rund zwei Drittel aller Exporte und Importe erfolgen über Seewege. Laut ifo-Institut liefen allein rund 7 % der deutschen Importe 2023 durch die Taiwanstraße. Diese Zahlen unterstreichen, dass leistungsfähige, international vernetzte Häfen für Versorgungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und die Stabilität globaler Lieferketten unverzichtbar sind. Der Hafen Taichung ist Taiwans zentrale Offshore-Basis mit ambitionierten Ausbauplänen: Zielgrößen von 5,7 GW Offshore-Windkapazität bis 2025 und etwa 20 GW bis 2035, ein nach internationalen GWO-Standards zertifiziertes Trainingszentrum für internationale Fachkräftequalifizierung im Offshore-Bereich (seit 2019) und ein Containerumschlag von rund 1,6 Mio. TEU 2024 zeigen den dynamischen Bedarf an maritimer Infrastruktur, Offshore-Logistik und digitaler Hafensteuerung.
Bremen kann auf eine lange Tradition internationaler Kooperationen verweisen. So engagieren sich die bremischen Häfen seit Jahren im Rahmen der German Ports-Allianz, die gemeinsame Messeauftritte in Asien, Nord- und Südamerika organisiert und die internationale Sichtbarkeit des Standorts deutlich erhöht hat. Hinzu kommen Kooperationen im Bereich Landstrominfrastruktur und nachhaltiger Hafenentwicklung (Green Ports), die bereits 2021 im Rahmen des europäischen OPS-MoU und 2025 über eine Vereinbarung mit der Reederei Höegh abgeschlossen wurden. Darüber hinaus führte bereits 2016 eine offizielle Delegationsreise aus Bremen nach Taiwan, um Möglichkeiten der Zusammenarbeit im Offshore-Windsektor auszuloten und erste Kontakte zu knüpfen. Ergänzend bestehen langjährige Städtepartnerschaften mit bedeutenden Hafenstädten wie Danzig, Dalian und Durban, die den internationalen Hafenbezug Bremens institutionell unterstreichen. Diese Erfahrungen zeigen, dass Bremen über gewachsene Strukturen und Netzwerke verfügt, um internationale Kooperationen erfolgreich zu initiieren und langfristig umzusetzen. Die geplante Partnerschaft mit dem Hafen Taichung knüpft somit an bestehende Aktivitäten an und stellt keine isolierte Neuentwicklung dar, sondern eine strategische Weiterentwicklung bewährter Praxis.
Die Erfahrungen aus Hamburg zeigen: Eine reine Absichtserklärung reicht nicht. Dort besteht seit 1999 eine Kooperation mit dem Hafen Kaohsiung, die bislang nur punktuell umgesetzt wurde. Bremen kann und sollte mit Taichung aktive, projektorientierte Partnerschaft etablieren, die Offshore-Logistik, Digitalisierung, Green Ports und Smart-Port-Technologien (z. B. Port CDM) umfasst.
Aus einer verstärkten Kooperation mit dem Hafen Taichung ergeben sich für Bremen erhebliche wirtschaftliche, technologische und wissenschaftliche Chancen. Wirtschaftlich eröffnen sich neue Märkte für Unternehmen der Projekt- und Schwerlastlogistik, Hafen-IT, Offshore-Dienstleistungen und nachhaltigen Energieversorgung, die durch die ambitionierten Offshore-Ausbaupläne Taiwans langfristig Nachfrage sichern. Technologisch können im Rahmen der Partnerschaft Smart-Port-Lösungen wie Digital Twin, ETA-/Slot-Management oder Hafenautomatisierung und Port CDM gemeinsam praktisch erprobt und weiterentwickelt werden, wodurch Bremen seine Rolle als Innovationsstandort im Bereich der maritimen Digitalisierung ausbauen kann.
Darüber hinaus entstehen auch Chancen für die wissenschaftliche Zusammenarbeit und Fachkräftequalifizierung, insbesondere durch die Anbindung an internationale Trainingszentren wie das GWO-Zentrum in Taichung, das seit 2019 internationale Offshore-Standards vermittelt. Schließlich stärkt die Partnerschaft die internationale Sichtbarkeit Bremens auf Messen, Konferenzen und in Netzwerken der Hafenwirtschaft und erhöht so die Attraktivität des Standorts für Investitionen und weitere Kooperationen.
Insgesamt unterstützt eine solche Partnerschaft nicht nur den Marktzugang bremischer und deutscher Unternehmen, sondern trägt auch zur Diversifizierung internationaler Wirtschaftsbeziehungen. Sie fördert Folgeinvestitionen und wissenschaftliche Kooperationen im Bereich nachhaltiger Hafenentwicklung, Offshore-Technologien und digitaler Logistikprozesse.
Beschlussempfehlung:
Die Bremische Bürgerschaft möge beschließen:
Der Senat wird aufgefordert,
- die Möglichkeiten einer Hafenkooperation zwischen den bremischen Häfen und dem Hafen Taichung (Taiwan) zu prüfen und hierzu Gespräche über den Abschluss eines Memorandum of Understanding (MoU) einzuleiten, mit dem Ziel einer Zusammenarbeit in den Bereichen Offshore-Logistik/Projektabfertigung, Digitalisierung von Hafenprozessen, nachhaltiger Hafeninfrastruktur und Smart-Port-Technologien,
- gemeinsam mit bremenports, Unternehmen der Hafenwirtschaft und wissenschaftlichen Einrichtungen eine Delegationsreise nach Taichung vorzubereiten, um Bedarfe, technische Schnittstellen und Pilotprojekte zu identifizieren,
- eine Austauschplattform zwischen bremischen und taiwanischen Hafenakteuren zu etablieren (Fach-Taskforces u. a. zu Offshore-Ops, Digitalisierung/Port-CDM, Qualifizierung/GWO-Standards, Green-Port-Bausteine) und jährliche Arbeitsprogramme mit messbaren Kennzahlen (KPIs) zu vereinbaren,
- Förder- und Finanzierungsoptionen (EU, Bund, Land; u. a. DATI/SPorT, Global-Gateway-relevante Programme) für Kooperations- und Pilotvorhaben zu prüfen und zu nutzen,
- die Kooperation in bestehende internationale Marketing- und Messeaktivitäten (z. B. German Ports, Transport Logistic, Offshore-Konferenzen) einzubetten, um die Sichtbarkeit der bremischen Häfen im asiatischen Markt zu stärken,
- sicherzustellen, dass ab dem Haushaltsjahr 2026 die für die Umsetzung notwendigen finanziellen Mittel dauerhaft im Haushalt veranschlagt werden, damit Pilotprojekte, Delegationsreisen, Austauschplattformen und Kooperationsaktivitäten langfristig gesichert sind,
- dem Ausschuss für die Angelegenheiten der Häfen im Lande Bremen und der staatlichen Deputation für Wirtschaft und Häfen regelmäßig über die Umsetzung und Entwicklung der Hafenkooperation Bericht zu erstatten.