„Schwitzen statt Sitzen“ zur Pflicht machen – verpflichtende gemeinnützige Arbeit vor Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe

Dringlichkeitsantrag der Fraktion der FDP.

Wer in Deutschland rechtskräftig zu einer Geldstrafe verurteilt ist und die Geldstrafe nicht bezahlen kann oder will, verbüßt regelmäßig eine Ersatzfreiheitsstrafe. Die Dauer richtet sich nach den im Urteil festgesetzten zu leistenden Tagessätzen. Den Ersatzfreiheitsstrafen kommt somit eine besondere Rolle zu. Sie stellen sicher, dass gerichtlich ausgesprochene Strafen auch tatsächlich durchgesetzt werden. Wer seine Geldstrafe nicht bezahlt, muss damit rechnen ersatzweise in Haft genommen zu werden. Die Strafandrohung des Staates würde ohne diese Möglichkeit ins Leere laufen.

Kritiker der Ersatzfreiheitsstrafen sehen in ihr eine Armutsstrafe, die besonders sozial Schwache trifft. Dabei wird übersehen, dass eine nach dem Strafgesetzbuch verhängte Geldstrafe eine soziale Komponente enthält. Geldstrafen nach dem Strafgesetzbuch werden gemäß § 40 Absatz 1 Satz 1 StGB in Form von Tagessätzen verhängt (i. d. R. fünf bis 360 Tagessätzen), wobei die Höhe eines Tagessatzes mindestens einen und höchstens 30.000 Euro beträgt (§ 40 Abs. 2 S. 3 StGB). Bei der Bestimmung der Höhe eines Tagessatzes hat das Gericht gem. § 40 Absatz 2 Satz 1 StGB die „persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters“ zu berücksichtigten.

Auch eine Umwandlung von bestimmten Straftatbeständen, wie dem Erschleichen von Leistungen gemäß § 265a StGB, insbesondere in der Tatalternative Beförderungserschleichung („Schwarzfahren“), in Ordnungswidrigkeiten würde für die Betroffenen keine Verbesserung darstellen und erheblich sozialschädigendes Verhalten entkriminalisieren. Die Beförderungserschleichung ist kein „Bagatellvergehen“. Durch solche Taten werden nicht nur direkt die einzelnen Anbieter von Beförderungsleistungen, beispielsweise die BSAG, im erheblichem Maß geschädigt, sondern indirekt vor allem auch die Fahrgäste, die regulär ihr Beförderungsentgelt bezahlen.

Bei Ordnungswidrigkeiten fehlt die soziale Komponente der Geldstrafe. Die Bußgelder werden pauschal nach Katalogen verhängt. Egal ob Sozialleistungsempfänger oder Einkommensmillionär: Das für Ordnungswidrigkeit verhängte Bußgeld fällt gleich aus. Und auch das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten sieht als Ultima Ratio ebenfalls den Freiheitsentzug in Form der Erzwingungshaft (§ 96 Abs. 1 OWiG) vor. Dies bedeutet im Ergebnis, dass die Gemeinschaft bei der Umwandlung von bestimmten Straftaten in Ordnungswidrigkeiten am Ende nicht zwingend durch geringere Kosten für Verfahren bzw. Haftunterbringung entlastet würde.

Der Bundesgesetzgeber hat daher mit Art. 293 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB) die Landesregierungen dazu ermächtigt, durch Rechtsverordnung „freie Arbeit“ anstatt Ersatzfreiheitsstrafen zu ermöglichen. Der Senat der Freien Hansestadt Bremen hat hiervon Gebrauch gemacht. Somit können Verurteilte durch freiwillige gemeinnützige Arbeit schon heute ihre Geldstrafe tilgen und die Ersatzfreiheitsstrafe und die damit verbundenen negativen Folgen der Ersatzhaft vermeiden.

Das grundsätzliche Ziel sollte es sein die Schädlichkeit des Verhaltens Einzelner für die Gemeinschaft möglichst gering zu halten. Ein Hafttag kostet den Steuerzahler etwa 140 Euro. Aus diesem Grund ist es geboten, Verurteilte zukünftig zu gemeinnütziger Arbeit zu verpflichten, sofern diese nicht Willens oder in der Lage sind, die gegen sie verhängte Geldstrafe zu zahlen.  Erst wenn auch dieser Verpflichtung nicht nachgekommen wird, muss die Strafe in Form der Ersatzfreiheitsstrafe angetreten werden.

Ziel darf es in jedem Fall nicht sein, Straftäter, die sich besonders renitent zeigen, de facto straflos zu stellen.

Die Bremische Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

Die Bremische Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf:

1.     Sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative dafür einzusetzen, das Strafgesetzbuch (StGB) dahingehend zu ändern, dass vor Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 43 StGB der Verurteilte zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet wird, um die verhängte Geldstrafe tilgen. Hierbei soll ein Tagessatz acht Arbeitsstunden entsprechen. Erst wenn auch diese gemeinnützige Arbeit durch den Verurteilten nicht geleistet wird, soll die Vollstreckung der Strafe durch die Ersatzfreiheitsstrafe erfolgen.

2.     Dem Rechtsausschuss sowie der staatlichen Deputation für Inneres und Sport ein halbes Jahr nach Beschlussfassung über den Stand der Initiative Bericht zu erstatten.

Peter Zenner, Lencke Steiner und die Fraktion der FDP