Nachhaltige und konfliktfreie Fußgängerinfrastruktur – Entwicklung, Zustand und Barrierefreiheit der Fußwegeinfrastruktur in Bremen

Große Anfrage der Fraktion der FDP.

Der Fußverkehr leistet einen zentralen Beitrag für eine nachhaltige Stadtentwicklung und ist das Basisverkehrsmittel der Menschen. Investitionen in die Förderung des Fußverkehrs sind Investitionen in die Zukunft. Walkability trägt zur hohen Lebensqualität bei und ist ein wichtiger Standortfaktor jeder Kommune. Der Fußverkehr ist Teil jeder Wegekette, er belebt Städte, ermöglicht Bewegung und sozialen Zusammenhalt und Teilhabe. Der Einzelhandel und die Gastronomie profitieren durch den Fußverkehr ebenso wie das Klima.

Leider ist die Datenlage beim Fußverkehr in vielen Fällen und Städten unzureichend, so auch in Bremen. Dies ging unter anderem aus unserer Großen Anfrage der FDP-Fraktion (Drs. 20/269 S) aus 2020 hervor. Ein(e) systematische(s) Zustandserfassung und Monitoring findet nicht oder nur sehr bedingt statt. In vielen Quartieren ist das Zufußgehen unattraktiv und immer wieder kommt es zu Behinderungen und Unfällen. Gerade Alleinunfälle zum Beispiel durch beschädigte Gehwege werden erst gar nicht erfasst.

Mit der Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention sind Städte verpflichtet, die Barrierefreiheit auf Gehwegen sicherzustellen.  Dies ist aber mit Blick auf die gesamte Wegekette nur selten der Fall. Gehwege sind an vielen Stellen in Bremen mangelhaft und nicht-barrierefrei oder nur bedingt z. B. mit Kinderwagen befahrbar. Teils muss Slalom gelaufen werden oder auf andere Verkehrsflächen ausgewichen werden. Dabei gilt laut StVo § 25 (1) „Wer zu Fuß geht, muss die Gehwege benutzen.“.

Der Stadt obliegt im Rahmen der Baulastträgerschaft regelmäßigen Wegekontrollen insbesondere in der Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass, wenn die Verkehrssicherheit hergestellt ist, die Fußwegeverbindungen auch attraktiv, barrierefrei und nachhaltig sind und der Fußverkehr gestärkt wird.

Es geht darum, die Fußwegeverbindungen nachhaltig für das gesamte Stadtgebiet zu verbessern und den Sanierungsstau systematisch zu erfassen und abzubauen. Aber auch neue Verfahren für eine schnellere, wirtschaftlichere und umweltfreundlichere Wegesanierung zu erproben und anzuwenden, wie zum Beispiel dünne Asphaltdeckschichten in Kaltbauweise. Wir brauchen jetzt die richtigen Ideen, um die vielen Herausforderungen meistern zu können.

Von einem(r) attraktiven und funktionierenden Fußverkehr/Nahmobilität gehen wichtige Impulse für eine nachhaltige Stadtmobilität aus. Er ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für die zukünftige Stadt- und Quartiersentwicklung. 

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:

  1. Wie haben sich die Zustände der Fußverkehrsinfrastruktur in den letzten zwei Jahren im gesamten Stadtgebiet und in den einzelnen Stadteilen entwickelt? (Bitte differenziert darstellen und nicht nur auf die Verkehrssicherheit beschränken, bitte für alle Stadtteile einzeln benennen)
  2. Wie hat sich die Barrierefreiheit[1] und der barrierefreie Umbau der Fußverkehrsinfrastruktur (Querungen, Unterführungen, Kreuzungen, Zugänge, Knotenpunkte, Haltestellenumfeld, Sitzmöglichkeiten im öffentlichen Raum; gesamte Wegekette) in den letzten zwei Jahren im gesamten Stadtgebiet und in den einzelnen Stadteilen entwickelt? (Bitte differenziert darstellen und für alle Stadtteile einzeln benennen)
  3. Wie hoch ist aktuell der Sanierungsstau der Fußverkehrsinfrastruktur in Bremen? (Bitte detailliert aufschlüsseln und nicht allein auf den Bereich Verkehrssicherheit beschränken, sondern hinsichtlich einer modernen und barrierefreien Infrastruktur erörtern)
  4. Inwieweit und wie werden derzeit Schäden an der Fußgängerinfrastruktur dokumentiert und abgearbeitet?
  5. Inwieweit hat Bremen in den vergangenen zwei Jahren ein Erfassungssystem und Monitoring der Bremer Fußverkehrsinfrastruktur bezüglich der Zustände, letzten und nächsten Sanierungsmaßnahmen und der Barrierefreiheit eingeführt?
    • Inwieweit ist das System zur einzelnen und gemeinsamen Bewertung der Zustände der Gehwege in Bremen umgesetzt? 
    • Wie genau sollen die Zustände erfasst und bewertet werden? 
    • Warum ist die Darstellung der Barrierefreiheit in diesem System nicht möglich[2]?
  6. Inwieweit ist ein Zustandskataster für Gehwege in Bremen geplant und wenn dies nicht geplant ist, warum nicht?
  7. Welche Qualitätsindikatoren werden zur Ermittlung von Zuständen, Netzen, Ausbauzielen und der Weiterentwicklung der Infrastruktur für den Fußverkehr in Bremen verwendet und wie genau wurden beziehungsweise werden diese zukünftig diese erfasst?
  8. In welchem Umfang sieht der Senat Möglichkeiten, digitale Lösungen anzuwenden, um unter anderem den Verwaltungsaufwand zu minimieren?
  9. In welchem Umfang standen in den Jahren 2020 und 2021 Haushaltsmittel für die Sanierung, Attraktivierung und Barrierefreiheit der Fußgängerinfrastruktur zur Verfügung?
  10. In welchem Umfang stehen in den Jahren 2022 und 2023 Haushaltsmittel für die Sanierung, Attraktivierung und Barrierefreiheit der Fußgängerinfrastruktur zur Verfügung?
  11. In welchem Umfang und welche Fördermittel wurden in den Jahren 2020 und 2021 beantragt, genehmigt, abgerufen und die entsprechenden Projekte umgesetzt? (Bitte detailliert aufschlüsseln)
  12. Inwieweit kommt es derzeit zu Konflikten zwischen Fußverkehr und Radverkehr (u. A. in Fußgängerzonen), welche Bereiche sind hier besonders betroffen und welche Lösungsansätze verfolgt der Senat diesbezüglich?
  13. Inwieweit wurden in den letzten vier Jahren Fußwege zugunsten von Radwegen umgewidmet bzw. umgestaltet?
  14. Inwieweit gibt es in Bremen ein Meldesystem für Bürgerinnen und Bürger, um Mängel an der Fußgängerinfrastruktur zu melden?

[1] Von barrierefreien Gehwegen profitieren Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen. Die Fragen zur Barrierefreiheit bezieht sich sowohl auf die Barrierefreiheit für Menschen mit Beeinträchtigungen als auch auf die uneingeschränkte Begehbarkeit für Personen zum Beispiel mit Kinderwagen oder Gehhilfen. 

[2] Siehe Antworten auf die Drs. 20/269 S