Kinderehen in Bremen – Weichen stellen für den Schutz der Opfer!

Antrag der Fraktion der FDP Bremen.

Eine Heirat ist in Deutschland erst möglich, wenn beide Ehepartner das 18. Lebensjahr erreicht haben und somit volljährig sind. Sollte mindestens ein Ehepartner das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, wird die Ehe automatisch unwirksam. Das gilt auch, wenn die Ehe von ausländischen Staatsangehörigen im Ausland nach dem dort geltenden Recht wirksam geschlossen wurde.

Essenziell für die Aufhebung der Kinderehen ist eine Erfassung der Ehen in Deutschland. Auf Grundlage der Beantwortung unserer kleinen Anfrage „Ehen Minderjähriger in Deutschland – Opfer müssen geschützt werden!“ (Drs. 21/594) wird jedoch deutlich, dass in den Standesämtern keine statistische Erfassung der Kinderehen erfolgt. Die Beantwortung unserer kleinen Anfrage „Ehen Minderjähriger in Bremen – Teufelskreis statt Schutz“ (Drs. 21/679) zeigt auf, dass Meldebehörden dazu berechtigt seien, die Standesämter über die Kinderehe zu informieren. Eine Berechtigung reicht jedoch nicht aus, um die Kinderehen aufzudecken und diese aufzuheben. Die Meldebehörden müssten dazu verpflichtet werden, die Standesämter über die aufhebbaren und unwirksam geschlossenen Ehen zu informieren. Nur so können die Kinder und Jugendlichen geschützt werden.

Die Beantwortung des Senats verdeutlicht auch, dass verheiratete Minderjährige, die ohne Personen- oder Erziehungsberechtigten einreisen und mindestens 16 Jahre alt sind, gemeinsam mit ihrem Ehepartner untergebracht werden können. Eine unzufriedenstellende Situation, die das Gefühl einer Duldung der Regierung bezüglich der Kinderehe vermittelt.

In den Standesämtern seien i.d.R. Einzelfälle im Rahmen von Geburtsbeurkundungen bekannt geworden, für die dann eine Vaterschaftsanerkennung mit entsprechender Zustimmung der Mutter und ggf. weiterer Erklärender herangezogen wurde. Bei allen erfassten Fällen handelt es sich um minderjährige Mädchen, die mit einem erwachsenen Mann verheiratet ist. Aufgrund der fehlenden statistischen Erfassung wurden lediglich Kinderehen erfasst, bei denen das minderjährige Mädchen bereits ein Kind des erwachsenen Mannes, mit dem sie verheiratet ist, geboren hat. Aufgrund der Härtefallregelung § 1315 Abs. 1 Nr. 1b BGB lehnten die Familiengerichte die Aufhebung der Ehe laut der Beantwortung des Senats jedoch ab. Ein Teufelskreis, der dringend durchbrochen werden muss, denn früh verheirateten Kindern und Jugendlichen werden Chancen und Rechte wie Bildung, Schutz und das einfache Kindsein und die Jugend verweigert und genommen. Laut UNICEF erleben sie in der Ehe oft physische, psychische und sexualisierte Gewalt.

Beschlussempfehlung:

Die Bremische Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf:

  1. einen Gesetzentwurf zur Neuregelung der Bremischen Verordnung zur Übermittlung von Meldedaten in die Bürgerschaft (Landtag) einzubringen,
    1.1 der die Meldebehörden in §21 „Datenübermittlungen an die Standesämter“ zum Zweck der Antragstellung an das Familiengericht auf Aufhebung einer Kinderehe aus Anlass des Bekanntwerdens einer Eheschließung unter Beteiligung eines oder einer Minderjährigen aus dem Melderegister dazu berechtigt und dazu verpflichtet, die im aktuellen Gesetzentwurf genannten Daten, wie den Familienstand, regelmäßig an die Standesämter zu übermitteln, um eine Aufhebung der Ehe frühestmöglich veranlassen zu können.
    1.2 auch unwirksam geschlossene Kinderehen bei der Übermittlung zu berücksichtigen.
  2. eine verpflichtende statistische Erfassung der Kinderehen bei der zuständigen Verwaltungsbehörde für die aufhebbaren und unwirksam geschlossenen Ehen im Land Bremen, den Standesämtern, zu veranlassen, in der zwischen aufhebbaren und unwirksam geschlossenen Ehen unterschieden wird.
  3. sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass verheiratete minderjährige Geflüchtete geschützt werden, indem
    3.1 die Jugendämter dazu ermächtigt werden, die für die Aufhebung der Kinderehe notwendige Übermittlung der Sozialdaten auch ohne Einverständnis der Minderjährigen oder ihres (Amts-)Vormunds vornehmen zu können.
    3.2 eine gemeinsame Unterbringung der Ehepartner im Fall einer aufhebbaren Kinderehe unterbunden wird, wenn mindestens einer der Ehepartner minderjährig ist.
  4. der staatlichen Deputation für Inneres und der staatlichen Deputation für Soziales, Jugend und Integration innerhalb von sechs Monaten einen Bericht zu erstatten, in welcher Form und mit einem Zeitplan hinterlegt, die Beschlusspunkte umgesetzt werden können.