Gewalt gegen medizinisches Personal im Gesundheitswesen konsequent begegnen!
Antrag der Fraktion der FDP Bremen.
„Gewalt gegenüber Beschäftigten im Gesundheitswesen ist ein absolutes No-Go“, das bekräftigte Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard für alle Fraktionen am 26. März 2025 in der Debatte der Bremischen Bürgerschaft (Landtag) zur Antwort des Senats auf die Große Anfrage der FDP-Fraktion „Kurze Zündschnur: Wie stark ist medizinisches Personal in Bremen von Aggression und Gewalt betroffen?“ (Drs. 21/792).
Grund ist der anhaltende Trend zu mehr verbaler, aber auch körperlicher Gewalt im Gesundheitswesen. So gaben im vergangenen Jahr in einer bundesweiten Online-Umfrage der Kassenärztlichen Bundesvereinigung 85 Prozent der Befragten an, dass Beschimpfungen, Beleidigungen oder Bedrohungen durch Patienten in den vergangenen fünf Jahren zugenommen haben; 48 Prozent vermerkten, dass im selben Zeitraum auch die Fälle körperlicher Gewalt gestiegen seien. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die Kassenärztliche Vereinigung Bremen, die im vergangenen Jahr ebenfalls ihre Mitglieder zu Gewalterfahrungen befragt hat und konstatiert, dass aggressives und respektloses Patientenverhalten gestiegen sei und durch die Corona-Pandemie nochmals verstärkt wurde.
Doch nicht nur in Praxen, sondern auch in Krankenhäusern sind die Beschäftigten deutlich stärker und häufiger von aggressiven Übergriffen betroffen. Das ergab eine im April 2024 vorgelegte repräsentative Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Gemäß Antwort des Senats berichten die Kliniken in Bremen von einer zunehmenden Aggressivität und von Übergriffen gegenüber den Beschäftigten. Die Bedrohungslage habe in den vergangenen Jahren nachweislich zugenommen. Besonders betroffen sei das Personal in den Notaufnahmen, wo verbale Gewalt mittlerweile fast täglich vorkomme, ebenso wie Gewaltausübungen und/oder Zerstörung des Inventars durch Patienten (vgl. Drs. 21/792 Antwort zu 1b).
Im Gegensatz zum Rettungsdienst, wo im Jahr 2023 ein strukturiertes Meldeverfahren eingeführt wurde, erfolgt allerdings weder in Kliniken noch in Praxen eine regelhafte Erfassung der Vorfälle, so dass für diese Bereiche keine quantitativen Aussagen möglich sind.
Entwicklungen, die die Sicherheit des medizinischen Personals gefährden, sind nicht hinnehmbar. Körperliche, ebenso wie verbale Konfrontationen mit einem Patienten hinterlassen Spuren. Außerdem können sie dazu führen, dass sich Beschäftigte aufgrund der psychischen Belastungen krankmelden oder sogar ihren Beruf verlassen und Praxen oder Kliniken gut ausgebildetes Fachpersonal verlieren.
Zum Schutz ihrer Beschäftigten haben medizinische Einrichtungen im Land Bremen bereits Schutzmaßnahmen ergriffen, bspw. indem sie Schulungen und Deeskalationstrainings anbieten, Praxis- und Empfangsräume umgestaltet und Alarm- und Notfallknöpfe installiert haben oder – wie in Bremer Kliniken praktiziert – Sicherheitspersonal vorhalten.
Die steigenden Gewaltzahlen im Gesundheitswesen sind eine klare Handlungsaufforderung und es ist zwingend geboten, die medizinischen Einrichtungen, in ihren Anstrengungen, Übergriffen vorzubeugen und ihr Personal zu schützen, zu unterstützen und insgesamt für die Gewalt-Problematik zu sensibilisieren.
Beschlussempfehlung:
Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:
Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf,
- sich zur Verbesserung der Datenlage für eine konsequente Meldung und statistische Erfassung von Gewaltvorfällen in Kliniken und Praxen einzusetzen und dazu analog zum Rettungsdienst einen Meldebogen und Prozess zu entwickeln, der zukünftig quantitative Aussagen zu den Vorfällen ermöglicht.
- eine Respekt-Kampagne für Beschäftigte im Gesundheitswesen zu entwickeln und – insbes. über Social Media – zu verbreiten.
- zu prüfen, wie bauliche Maßnahmen zur Gewaltprävention in Krankenhäusern und Praxen gefördert werden können.
- im Gemeinsamen Landesgremium gemäß § 90a SGB V zum Schutz vor Gewalt in Kliniken und Praxen eine regelmäßige Risikoanalyse durchzuführen und gezielte Maßnahmen sowie niedrigschwellige Unterstützungsangebote zur Förderung der Resilienz zu entwickeln.
- sich auf Bundesebene angesichts der steigenden Zahl von Gewalt gegen medizinisches Personal für eine Anerkennung der besonderen Schutzbedürftigkeit der Berufsgruppe insgesamt einzusetzen und über eine Ergänzung in § 115 Strafgesetzbuch auf einen stärkeren gesetzlichen Schutz der Beschäftigten, wenn sie während der Ausübung ihrer Tätigkeit angegriffen werden, hinzuwirken.
- der staatlichen Deputation für Gesundheit, Pflege und Verbraucherschutz binnen sechs Monate nach Beschlussfassung und danach fortlaufend über die Umsetzung zu berichten.