Blutspende diskriminierungsfrei ermöglichen!

Dringlichkeitsantrag der Fraktion der FDP.

Blut und Blutprodukte helfen in Notfällen Leben zu retten und dienen häufig dazu, lebenswichtige Arzneimittel herzustellen. Die Nachfrage nach lebensrettendem Blut und Blutbestandteilen ist sehr hoch, weshalb der Blutspende eine hohe Bedeutung zukommt.

Blutspenden darf jede Person, die die durch die Bundesärztekammer in Zusammenarbeit mit dem Paul-Ehrlich-Institut in der „Richtlinie zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen sowie zur Anwendung von Blutprodukten“ (Richtlinie Hämotherapie) festgelegten Voraussetzungen erfüllt.

Eine an medizinisch-wissenschaftlichen und epidemiologischen Erkenntnissen orientierte und vorsichtige Risikoabwägung ist enorm wichtig, um die Sicherheit der Blutprodukte zu gewährleisten. Ein Risiko für den Empfänger oder die Empfängerin muss möglichst ausgeschlossen werden.

Laut einer medizinisch-wissenschaftlichen und epidemiologischen Untersuchungen der Bundesärztekammer und des Paul-Ehrlich-Instituts aus dem Jahr 2016 wird bei Heterosexuellen mit sexuellem Risikoverhalten, männlichen und weiblichen Sexarbeitern, Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) und Transsexuellen mit sexuellem Risikoverhalten ein erhöhtes Übertragungsrisiko festgestellt. Diese Personengruppen dürfen Blut erst dann spenden, wenn sie eine Wartefrist von zwölf Monaten nach dem letzten Geschlechtsverkehr einhalten. Begründet wird diese Rückstellung damit, dass ihr „Sexualverhalten ein Risiko für den Empfänger von Blutprodukten“ berge. Die Anpassung in der Richtlinie zu einer Rückstellung von zwölf Monaten seit dem letzten Geschlechtsverkehr bis zur Blutspende ist jedoch eine lebensfremde Annahme, die weit über die medizinische Notwendigkeit hinausgeht und selbst für monogam und weitgehend enthaltsam lebende Menschen schwierig zu erfüllen ist. Zudem wurde bei der statistischen Analyse des Risikos der Gruppe der MSM keine aussagekräftige Differenzierung zum Risikoverhalten durchgeführt. Es wird darauf verwiesen, dass „Personen in festen Partnerschaften, mit niedrigfrequenten Sexualkontakten und geringem Kontakt mit anderen MSM […] in diesen Studien mit hoher Wahrscheinlichkeit unterrepräsentiert“ seien.

Eine Benennung von MSM als Personengruppe mit erhöhtem Übertragungsrisiko schwerer Infektionskrankheiten ist eine ungerechtfertigte Pauschalisierung und damit diskriminierend. Der gesamten Personengruppe wird hier ein unreflektiertes und risikoreiches Sexualverhalten unterstellt.

Klar ist, entscheidend für eine Infektion ist keinesfalls die sexuelle oder geschlechtliche Identität eines Menschen, sondern das tatsächliche Risikoverhalten, z. B. durch ungeschützten Sexualverkehr mit häufig wechselnden Partnerinnen/Partnern. Ein pauschaler Ausschluss von MSM stellt eine unhaltbare Diskriminierung ohne medizinische Notwendigkeit dar und verschärft den Mangel an lebensrettenden Blutspenden.

Vor diesem Hintergrund ist der Gesetzgeber gefordert zu handeln, damit ein pauschaler Ausschluss bestimmter Personengruppen verhindert wird. Das Transfusionsgesetz muss geändert werden, damit zukünftig eine Diskriminierung aufgrund von sexueller oder geschlechtlicher Identität ausgeschlossen wird.

Zudem muss darauf hingewirkt werden, dass die „Richtlinie Hämotherapie“ und die vor jeder geleisteten Blutspende durchgeführte Befragung der Spenderin oder des Spenders so geändert wird, dass die medizinische Beurteilung zur sicheren Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen nicht länger von der sexuellen oder geschlechtlichen Identität abhängig gemacht wird, sondern lediglich vom Risikoverhalten. Die zwölfmonatige Rückstellungsfrist gehört darüber hinaus auf den Prüfstand gestellt und muss anhand der aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen und epidemiologischen Untersuchungen neu bewertet werden.

Die Bremische Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

Die Bremische Bürgerschaft (Landtag) stellt fest:

Blutspenden helfen, in Notfällen Leben zu retten, und dienen häufig dazu, lebenswichtige Arzneimittel herzustellen. Die sichere Gewinnung von Blut und Blutbestandteil hängt vom individuellen Risikoverhalten des Spenders oder der Spenderin ab. Die medizinische Beurteilung darf daher nicht mehr von der sexuellen oder geschlechtlichen Identität abhängig gemacht werden.

Die Bremische Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf:

  1. Eine Bundesratsinitiative mit dem Ziel zu starten, dass das Transfusionsgesetzes so geändert wird, dass eine Diskriminierung potentieller Blutspender und Blutspenderinnen wegen ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität ausgeschlossen wird;

  2. auf Bundesebene auf eine Überprüfung der „Richtlinie Hämotherapie“ hinzuwirken und die vor jeder geleisteten Blutspende durchgeführte Befragung der Spenderin oder des Spenders so zu überarbeiten, dass
    • sie sich an den neuesten, medizinisch-wissenschaftlichen und epidemiologischen Erkenntnissen orientiert und
    • damit die „Richtlinie Hämotherapie“ und die vor jeder geleisteten Blutspende durchgeführte Befragung der Spenderin oder des Spenders so geändert wird, dass die medizinische Beurteilung zur sicheren Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen nicht länger von der sexuellen oder geschlechtlichen Identität abhängig gemacht wird und
    • überprüft wird, ob die zwölfmonatige Rückstellungsfrist noch angemessen ist und

  1. innerhalb der Deputation und Gesundheit und dem Rechtsausschuss innerhalb von sechs Monaten nach Beschlussfassung zu berichten.