Digitale Gewalt in Bremen besser bekämpfen!

Dringlichkeitsantrag der Fraktion der FDP.

Digitale Gewalt trifft in Deutschland immer mehr Menschen und hat für Betroffene erhebliche Folgen. Psychische Beeinträchtigungen sind oftmals eine Langzeitfolge digitaler Gewalt, während gleichzeitig ein Rückzug aus den digitalen Räumen mit den Erfahrungen von Betroffenen einhergeht.

Digitale Gewalt trifft Menschen jedoch nicht in gleichem Maße: 70 Prozent der Mädchen und jungen Frauen zwischen 15 und 24 Jahren sind Bedrohungen, Beleidigungen und Diskriminierungen in sozialen Medien ausgesetzt (so Plan International). Auch andere Studien (D21 „Digitales Leben“) zeigen, dass Frauen häufiger unter (oftmals sexualisierten) Beleidigungen im Netz leiden. Folge dieser digitalen Gewalt ist ein deutlich geringeres gesellschaftliches und politisches Engagement auf sozialen Medien von Frauen als Männern. Ebenso zeigt sich, dass Frauen weniger häufig in der (Kommunal)Politik engagiert sind, da sie Bedrohungen und Beschimpfungen im digitalen Raum befürchten müssen.

Um einen sicheren, digitalen Raum zu ermöglichen, müssen wir entschieden gegen digitale Gewalt vorgehen. Essentiell dafür ist eine verlässliche Datenlage, die die Größe und Schwere des Problems regelmäßig erfasst und dadurch auch Grundlage für größere Forschungstätigkeiten in diesem Bereich sein kann.

In Bremen braucht es zusätzliche Anlaufstellen, bei denen Betroffene vorab Hilfe erhalten können und sich über rechtliche Möglichkeiten, wie auch Maßnahmen zum persönlichen Schutz, informieren können. Ebenso muss die Möglichkeit geschaffen werden, dass Strafanzeigen einfach, online und auch anonymisiert gestellt werden können. Hierdurch entsteht eine niedrigschwellige Möglichkeit für alle Nutzerinnen und Nutzer des digitalen Raums, durch einfache Mittel Zivilcourage zeigen und Täter leichter verfolgen zu können.

In Verfahren muss es für die Geschädigten möglich sein, auch ohne Nennung der eigenen privaten Anschrift, sondern derjenigen der beratenden Kanzlei oder von NGOs, aufzutreten. Dies wird von Gerichten nach Angabe von Betroffenen nicht immer akzeptiert. Es ist aber von essentieller Bedeutung, da ansonsten der Täter über eine Akteneinsicht die Privatanschrift erfahren könnte.

Um Straftaten im digitalen Raum schneller und häufiger ahnden zu können, sind spezialisierte Kräfte bei Polizei und Justiz erforderlich. Zentralstellen der Staatsanwaltschaft wie sie zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen schon eingerichtet wurden, sind hierfür sinnvoll. Studien legen schon lange nahe, dass eine Vielzahl von Beleidigungsdelikten von einem relativ kleinen Kreis von Personen begangen werden. Eine erhebliche Stärkung von Persönlichkeitsrechten im digitalen Raum kann folglich durch konsequentere Verfolgung und Sanktionierung sowie durch besser ausgestattete Ermittlungsbehörden erreicht werden. Die Bremer Polizei und die Staatsanwaltschaften müssen über technischen Sachverstand und modernste Ausstattung im digitalen Raum verfügen.

Die Bremische Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

Die Bremische Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf:

  1. Die Istanbul-Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen auch im digitalen Bereich, wo dies noch nicht geschehen ist, schnell, umfassend und wirksam umzusetzen, und dabei für die Erfüllung dieses Zwecks auskömmliche Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen.
  2. Eine Öffentlichkeitskampagne zur Aufklärung über digitale Gewalt, ihre Folgen und Maßnahmen zum Schutz der eigenen IT-Sicherheit zu beauftragen und in Kooperation mit Betroffenen und Fachverbänden für eine bessere Ausbildung von Medienkompetenz bei Kindern und Jugendlichen mit Blick auf den Schutz vor digitaler Gewalt zu sorgen.
  3. Konkrete Handlungspläne bei Straftaten im Internet auszuarbeiten und diese an die Öffentlichkeit zu kommunizieren, und digitale Gewalt, insbesondere Äußerungsdelikte gemäß §§ 185 ff. StGB sowie §§ 111, 126, 130, 238, 241 StGB, in Bremen künftig in der Polizeilichen Kriminalstatistik, sowie in der Statistik der Rechtspflege gesondert neben der Internetkriminalität ausweisen und dokumentieren. Daneben ist alle drei Jahre ein erweitertes Lagebild zu Gewaltdelikten im Netz, inklusive der Äußerungsdelikte zu erstellen.
  4. In der Bremer Staatsanwaltschaft und bei der Bremer Polizei Zentralstellen für Gewalt im digitalen Raum aufzubauen, um Kompetenz- und Anlaufstellen zu schaffen. Ebenso muss das Personal bei Polizei und Justiz entsprechend fortgebildet werden, um den notwendigen technischen Sachverstand zur Verfolgung von Gewalt im digitalen Raum zu gewährleisten.
  5. Eine Stärkung des Opferschutzes durch die Einrichtungen von Anlaufstellen für Opfer von digitaler Gewalt, die über rechtliche Maßnahmen und Maßnahmen zum persönlichen Schutz informieren und den Aufbau einer Kooperation zwischen Bremer Hilfsorganisationen und Bremer Staatsanwaltschaft nach hessischem Vorbild voranzutreiben, sodass Nichtregierungsorganisationen Strafanzeigen digital bei Polizei und Staatsanwaltschaft erstatten können.
  6. Dem Ausschuss für die Gleichstellung der Frau, der Deputation für Inneres und dem Rechtsausschuss binnen sechs Monaten nach Beschlussfassung über den Umsetzungsstand zu berichten