Familienfreundliche Stadt: Notbetreuung für Kinder und familiäre Notfälle 

Dringlichkeitsantrag der FDP-Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft.

Betreuungsausfall im Kita- und Krippenbereich ist in Bremen leider keine Seltenheit. Gerade zu Schuljahresbeginn hat die Zentrale Elternvertretung Bremen (ZEV) in einer Elternbefragung herausgearbeitet, dass sich viele Eltern nicht darauf verlassen können, dass ihre Kinder im mit den Trägern der Einrichtung verabredeten Umfang betreut werden (https://zev-bremen.de/kindertagesbetreuung2022/).

Die negativen Auswirkungen für den Familienalltag sind vielfältig. Den Kindern selbst bleibt der Zugang zu konstanter frühkindlicher Bildung versagt, während die Eltern ihren Familienalltag oft spontan am Morgen komplett umorganisieren müssen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist immer eine Herausforderung. Fällt aber die verlässliche Betreuung als stabiler Partner in diesem Balanceakt aus, folgen nicht selten Erschöpfungs- und Stressphänomene bei Eltern und Kindern. Noch immer tragen in Deutschland die Mütter die Hauptlast der heimischen Care-Arbeit. Wegen der unzureichenden Kinderbetreuung sind es viel zu häufig sie, die in ihren beruflichen Zielen zurückstecken, Stunden reduzieren oder den Wiedereinstieg in den Beruf immer wieder aufschieben. Viele Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber garantieren inzwischen familienfreundliche Bedingungen im Betrieb, Krankheitsphasen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit Kind sind gerade in kleinen Betrieben zwar noch immer eine Herausforderung, aber längst kein Grund mehr, eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer nicht einzustellen. Jedes noch so tolerante System hat allerdings Grenzen der Belastbarkeit. Sind diese überschritten, kippt die Unzufriedenheit im Kollegium, vor allem aber wächst das schlechte Gewissen auf Elternseite, was die mentalen und psychosozialen Belastungen negativ verstärkt. 

Für die aktuelle Situation in Bremen muss deshalb konstatiert werden, dass die Stadt ihrem verpflichtenden Bildungs- und Betreuungsauftrag nicht in vollem Umfang nachkommt. Umso wichtiger ist es, nicht nur das allgemeine Angebot durch weiteren Ausbau zu verbessern, sondern es gleichzeitig für den Notfall so abzusichern, dass eine Betreuung dennoch gewährleistet werden kann.

Bremen steht mit diesem Problem bundesweit nicht allein da. In immer mehr Kommunen führt der Fachkräftemangel zu instabilen Betreuungsverhältnissen. Andere Kommunen allerdings haben im Rahmen der Verbesserung familienfreundlicher Lebensbedingungen Lösungen gefunden, die Familien entlasten. Hervorgehoben sei an dieser Stelle die „Fluxx Notfallbetreuung“ für Kinder und unterstützungsbedürftige Angehörige, die kurzfristig Betreuungspersonen in den Haushalt der Familien vermittelt, ein Betreuungsangebot außerhalb bereitstellt oder auch Fahrdienste übernimmt. Nach eigener Aussage hilft die Notfallbetreuung etwa auch bei unvorhergesehenen Arbeitsspitzen, Verspätungen, im Falle von Krankheit von Betreuenden und bei anderen Engpässen, die Familien an ihr organisatorisches Limit bringen. Spannend ist, dass in diesem Notfallmodell alle Arten von Care-Arbeit mitgedacht sind und so bspw. auch Hilfen bei der Pflege von Angehörigen gewährt werden.

Will Bremen eine familienfreundliche Kommune sein, muss auch sie sich dem Thema Notfallbetreuung stellen. Dabei kann das Modell Hannover beispielhaft sein, dabei können aber auch eigenen Wege gegangen werden. An immer mehr Orten entstehen im Moment Betreuungsmöglichkeiten, um den Eltern die Ausübung ihres Berufes jenseits von Betreuungszeiten zu ermöglichen oder den Zugang zu Bildung und Qualifizierung zu ebnen. Das Jobcenter etwa hat mit dem Angebot kibA-Flex für Alleinerziehende im SGB-II-Bezug eine Betreuungsmöglichkeit geschaffen. Auch die Bürgerschaft hat reagiert und einen Raum eingerichtet, in dem Kinder während langer Sitzungstage notfallmäßig betreut werden können, die Volkshochschule arbeitet gerade an einem ähnlichen Betreuungsangebot während laufender Sprachkurse. 

Diese Entwicklungen sind positiv und sie können in die Planung einer Notfallbetreuung, die von allen Bremer Eltern spontan in Anspruch genommen werden kann, einbezogen werden. Wichtig ist es, mit den städtischen Exponenten für Bildung und Erziehung zu überlegen, wie so ein Angebot sinnvoll für Bremen aussehen kann und ob, wie im genannten Beispiel von Hannover auch, Partnerschaften mit Betrieben vor Ort dieses Angebot zusätzlich absichern und so zu einer erhöhten Zufriedenheit bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern führen können, um sich so dem gesellschaftlichen Ziel der Vereinbarkeit von Erwerbs- und Carearbeit zu nähern.

Beschlussempfehlung:

Die Bremische Bürgerschaft (Stadtbürgerschaft) fordert den Senat auf:

  1. Zu prüfen, wie eine Notfallbetreuung in Bremen funktionieren kann und der Deputation für Kinder und Bildung sowie der Deputation für Soziales, Jugend und Integration sechs Monate nach Beschlussfassung zu berichten, welche Eckpfeiler einer Notfallbetreuung definiert wurden und welche Partner diese unterstützen würden.
  2. So bald wie möglich eine Notfallbetreuung anzubieten und über diese stadtweit intensiv zu informieren, damit Familien und Pflegende bei Krankheit und Betreuungsausfall spontan und kurzfristig Hilfe finden.
  3. Der Deputation für Kinder und Bildung und der Deputation für Soziales, Jugend und Integration regelmäßig halbjährlich zu berichten, ob das Notfallangebot abgesichert ist, erweitert werden muss und wie es angenommen wird.