Ausnahmefälle des Bundesmindestlohnes – Relevanz des Landesmindestlohnes?

Kleine Anfrage der Fraktion der FDP.

Mit Beschluss vom 28. Juni 2016 hat die Mindestlohnkommission des Bundes nach § 9 des Gesetzes zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG) die Erhöhung des Mindestlohns zum 1. Januar 2017 auf 8,84 Euro pro Stunde (brutto) empfohlen. Am 26.10.2016 stimmte das Bundeskabinett dem Vorschlag zu.

Am 1. Januar 2017 ist gemäß § 24 MiLoG ebenfalls für alle Arbeitnehmer, die bisher von der Übergangsregelung betroffen sind, ein Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde (brutto) zu zahlen. Dies betrifft neben Zeitungszustellern auch Arbeitnehmer, die in einer Branche mit für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen arbeiten. Bestehende Ausnahmeregelungen etwa für ausbildungsbezogene Praktika, Ausbildungsverhältnisse und Langzeitarbeitslose bleiben hingehen bestehen.

Im Land Bremen gilt nach derzeitigem Stand weiterhin zum 1. Januar 2017 der Landesmindestlohn von 8,80 Euro pro Stunde (brutto) auf Basis des Mindestlohngesetzes für das Land Bremen. Regelungsbereich sind hier Arbeitnehmer des Landes Bremen bzw. der Stadtgemeinden, Arbeitnehmer öffentlicher Unternehmen und Einrichtungen, Arbeitnehmer von Zuwendungsempfängern, Arbeitnehmer von Leistungsbringern nach den Büchern des Sozialgesetzbuches sowie Arbeitnehmer von Unternehmen, die an öffentlichen Vergaben teilnehmen. Insbesondere letzteres stellt für die Unternehmen im Land Bremen unnötige Bürokratie dar.

Ein Fortbestand des Landesmindestlohns kann im Sinne des Bürokratieabbaus nur dann sinnvoll sein, wenn durch den Wegfall des Landesmindestlohns erhebliche Schutzlücken für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entstünden. Insofern ist nachzuweisen, wie viele Arbeitnehmer, die von der Übergangsregelung nach § 24 MiLoG betroffen sind im Land Bremen arbeiten und gleichzeitig von dem Geltungsbereich des Landesmindestlohns eingeschlossen werden.

Die bloße Anwesenheit von Zeitungszustellern, die gemäß der Übergangsregelung nach § 24 MiLoG ab dem 1. Januar 2017 mindestens 8,50 Euro pro Stunde (brutto) verdienen werden und damit 30 Eurocent unter dem Landesmindestlohn liegen werden, im Land Bremen ist dabei nicht ausreichend, da insbesondere bei den Zeitungszustellern nicht davon auszugehen ist, dass sie in den Geltungsbereich des Landesmindestlohns fallen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat:
  1. Wie viele Zeitungszusteller, die von § 24 MiLoG Abs. 2 betroffen sind, arbeiten derzeit im Land Bremen?
  2. Wie viele Arbeitnehmer arbeiten derzeit in Bremen, die von den Übergangsregeln gemäß § 24 Abs. 1 MiLoG betroffen sind? (bitte nach den jeweiligen allgemeinverbindlichen Tarifverträgen aufschlüsseln)
  3. Wie hoch sind die derzeitigen durchschnittlichen Stundenlöhne im Land Bremen in den Wirtschaftszweigen, die von den Übergangsregeln von § 24 betroffen sind?
  4. Wie viele Arbeitnehmer, die derzeit von der Übergangsregel nach § 24 MiLoG betroffen sind, profitieren von den Regelungen des Landesmindestlohns und werden dementsprechend mit 8,80 Euro pro Stunde (brutto) entlohnt? (bitte aufschlüsseln nach a) öffentlich Beschäftigten bzw. Beschäftigten bei Eigenbetrieben und öffentlichen Eirichtungen, b) Arbeitnehmer bei Zuwendungsempfängern oder Leistungserbringern nach den Sozialgesetzbüchern sowie c) Arbeitnehmer die von der Vergabe öffentlicher Aufträge an private Unternehmen betroffen sind)
  5. Wie viele weitere Arbeitnehmer in Bremen profitieren von den Regelungen des Landesmindestlohns, die gemäß § 22 MiLoG keinen Anspruch auf den Bundesmindestlohn haben?
  6. Welche konkrete Schutzlücke bzw. welche konkrete Verschlechterung des Entgeltanspruchs für wie viele Arbeitnehmer im Land Bremen würde nach Berechnungen des Senats entstehen, sofern das Landesmindestlohngesetz zum 1. Januar 2017 abgeschafft oder ausgesetzt werden würde?
  7. Wie bewertet der Senat den Vorschlag das Landesmindestlohngesetz zum 1. Januar 2017 auszusetzen oder abzuschaffen?
  8. Welche Gründe sprechen nach Ansicht des Senats dafür, die derzeitigen Regelungen des Landesmindestlohns auch nach der Erhöhung des Bundesmindestlohns auf 8,84 Euro pro Stunde (brutto) beizubehalten?

Lencke Steiner und die Fraktion der FDP
Anfrage auf der Seite der Bürgerschaft